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was noch schlimmer, dem Durste preisgeben. Da sollen sie bald wieder
geläutet und für das Wohl des Kaisers zu singen und zu beten an-
gesangen haben. Friedrich der Streitbare ferner nahm sich 1384 in
dem zu Merseburg ausgebrochenen Zwiste des Kapitels mit Papst
Urban VI. über die Bischofswahl energisch des Kandidaten des Ka-
pitels wider den Papst an. Markgraf Wilhelm wies ungefähr um
die nämliche Zeit den Bischof Thimo von Meißen (1399—1410) in
seine Grenzen zurück, als dieser die Verlegung des bischöflichen Gerichtes
von Meißen nach Stolpen plante, das er überhaupt zum Hauptsitz
der bischöflichen Regierung machen wollte. — Endlich war auch geistliche
Intoleranz nicht nach dem Sinne der wettiner Fürsten, und ist es so
bis auf den heutigen Tag geblieben. Es kränkte Albrecht tief und ist
nach unserem heutigen Standpunkte schier unverständlich, wenn sich
die dresdener Geistlichkeit unterfing, bei Anwesenheit des früher
erwähnten Gregor von Heimburg, den der päpstliche Bann getroffen
hatte wegen seiner Stellungnahme zur Kurie, den Gottesdienst zu
handhaben wie in einer interdicierten Stadt, so daß sich der Herzog
genötigt sah, Gregor von Heimburg nach seinem Schlosse Tharandt
zu bringen.
Bei solchen Außerungen einer künstlichen kirchlichen Moralität,
die eigentlich nie wirklich feste Wurzel zu schlagen, sondern nur
durch die Überlieferung und die seit Jahrhunderten, wenn auch oft
mit Widerwillen anerkannte päpstliche Machtvollkommenheit sich zu
behaupten vermochte, könnte es immerhin als ein Wunder erscheinen,
daß das Ganze noch so lange zusammenhielt. Aber es hielt eben
zusammen, weil auch noch die entartete Kirche eine ansehnliche Reihe
von Mitgliedern zählte, die der Allgemeinheit die Würde und Be-
rechtigung der ganzen Einrichtung teils in stiller Arbeit, teils in
nach außen wirkendem Auftreten wieder in die Seele zu prägen
wußten. Zu den letzteren gehörten solche würdige Männer wie die
meißner Bischöfe Kaspar von Schönberg und Dietrich von Schön-
berg, welch letzterer in Italien wissenschaftliche Studien getrieben und
von da eine wertvolle Büchersammlung zurückgebracht hatte, ferner
Johann von Weißenbach, der ein kundiger Kenner der Architektur
war und neben Meißen auch die Schlösser von Stolpen und Mügeln
durch sein Talent verschönte; es war, nebenbei bemerkt, derselbe, der