Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. I. Band, 2. Abteilung. Von der Landesteilung von 1382 bis zum Übergange der Kurwürde an die Albertiner (1547). (2)

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Amts wegen, wie wir das heute gewohnt sind. Aber die Stifter der 
Schulen, die Bürgerschaft der Städte, vornehmlich aber der eigentüm- 
liche, auf das Wohlthun gerichtete Geist des Mittelalters und jener 
oben erwähnte Innungscharakter der Schule sorgte, wenn auch im 
Einzelfalle dürftig genug, für diese kleineren und größeren Musen- 
jünger. Obdach und Lager, freilich primitivster Art, wurde von Stadt- 
oder Schulwegen den Zuströmenden gewährt. Aber Nahrung und 
sonstigen Unterhalt mußten sich diese Vagantes, diese bildungseifrigen 
Vagabunden, aus welchem Namen sich mit erkennbarer Ursächlichkeit 
der Name Bacchantes entwickelt hat, selbst zu erwerben suchen, d. h. 
erbetteln. Und hierbei kam die zünftige Einrichtung besonders zu 
ihrem Rechte. Wo mehrere Stadtschulen bestanden, wie das z. B. 
in dem starkentwickelten Breslau der Fall war, waren den zugehörigen 
Scholaren bestimmte Stadtviertel zugeteilt, und Gebietsüberschreitungen 
wurden in der Regel gleich an Ort und Stelle von den Betreffenden 
und Betroffenen durch thätliche Justiz ausgeglichen. Aber auch be- 
züglich der Einordnung des Neuankömmlings in eine Schule be- 
standen durch das Herkommen geheiligte Gesetze. Kam der fahrende 
Schüler an einen Ort, wo sich eine lateinische Schule befand, so mußte 
er in die Genossenschaft dieser Schule oder einer dieser Schulen ein- 
treten und sich dieser zünftisch gestalteten Bildung einfügen. Da waren 
auf der Schule schon die älteren Schüler vorhanden, die sich nun in 
erster Linie mit dem Namen Bachhanten schmückten. Sie waren etwa 
das, was man im Handwerk Gesellen nannte, wennschon natürlich 
nicht im Sinne der oben erwähnten Schulgesellen; doch kam es oft 
genug vor, daß ein solcher Bacchant, wenn er geschickt war und wirklich 
etwas gelernt hatte, an den Stadtschulen als Gehilfe des Schulmeisters 
Unterhalt fand. Die jüngeren Schüler aber hießen Schützen, woher 
noch heute unsere Abc-Schützen den Namen haben. Um sie, das un- 
erfahrene und zarte Völkchen, kümmerte sich die Schule nach unseren 
Begriffen schamlos wenig. Der Schützen nahm sich lediglich der 
Bacchant an, leider aber nicht in dessen, sondern im eigenen Interesse. 
Denn es war für den Bocchanten nicht nur ehrenvoll, so viele Schützen 
als möglich zu haben, sondern vor allem auch vorteilhaft. Denn es 
hatte sich ein Pennalismus herausgebildet, der ganz den Formen des 
Handwerks, namentlich in seiner rohen Ausartung, entsprach, und
	        
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