— 987 —
Amts wegen, wie wir das heute gewohnt sind. Aber die Stifter der
Schulen, die Bürgerschaft der Städte, vornehmlich aber der eigentüm-
liche, auf das Wohlthun gerichtete Geist des Mittelalters und jener
oben erwähnte Innungscharakter der Schule sorgte, wenn auch im
Einzelfalle dürftig genug, für diese kleineren und größeren Musen-
jünger. Obdach und Lager, freilich primitivster Art, wurde von Stadt-
oder Schulwegen den Zuströmenden gewährt. Aber Nahrung und
sonstigen Unterhalt mußten sich diese Vagantes, diese bildungseifrigen
Vagabunden, aus welchem Namen sich mit erkennbarer Ursächlichkeit
der Name Bacchantes entwickelt hat, selbst zu erwerben suchen, d. h.
erbetteln. Und hierbei kam die zünftige Einrichtung besonders zu
ihrem Rechte. Wo mehrere Stadtschulen bestanden, wie das z. B.
in dem starkentwickelten Breslau der Fall war, waren den zugehörigen
Scholaren bestimmte Stadtviertel zugeteilt, und Gebietsüberschreitungen
wurden in der Regel gleich an Ort und Stelle von den Betreffenden
und Betroffenen durch thätliche Justiz ausgeglichen. Aber auch be-
züglich der Einordnung des Neuankömmlings in eine Schule be-
standen durch das Herkommen geheiligte Gesetze. Kam der fahrende
Schüler an einen Ort, wo sich eine lateinische Schule befand, so mußte
er in die Genossenschaft dieser Schule oder einer dieser Schulen ein-
treten und sich dieser zünftisch gestalteten Bildung einfügen. Da waren
auf der Schule schon die älteren Schüler vorhanden, die sich nun in
erster Linie mit dem Namen Bachhanten schmückten. Sie waren etwa
das, was man im Handwerk Gesellen nannte, wennschon natürlich
nicht im Sinne der oben erwähnten Schulgesellen; doch kam es oft
genug vor, daß ein solcher Bacchant, wenn er geschickt war und wirklich
etwas gelernt hatte, an den Stadtschulen als Gehilfe des Schulmeisters
Unterhalt fand. Die jüngeren Schüler aber hießen Schützen, woher
noch heute unsere Abc-Schützen den Namen haben. Um sie, das un-
erfahrene und zarte Völkchen, kümmerte sich die Schule nach unseren
Begriffen schamlos wenig. Der Schützen nahm sich lediglich der
Bacchant an, leider aber nicht in dessen, sondern im eigenen Interesse.
Denn es war für den Bocchanten nicht nur ehrenvoll, so viele Schützen
als möglich zu haben, sondern vor allem auch vorteilhaft. Denn es
hatte sich ein Pennalismus herausgebildet, der ganz den Formen des
Handwerks, namentlich in seiner rohen Ausartung, entsprach, und