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ständen nach zerfielen sie in dieselben vier Fakultäten, die noch heute,
abgesehen von einigen Hochschulen, den Lehr= und Lernkörper der
Universitäten umschließen. Es gab also eine theologische, eine juristssche,
eine medizinische und nun aber nicht eine den übrigen gleichgeordncte
philosophische, sondern die den anderen untergeordnete sogenannte Arkisten-
fakultät. Diese Abteilung der Universität — welcher Name übrigens
im Mittelalter viel weniger häufig vorkommt, als studium generale,
allgemeine Studienanstalt — kann betrachtet werden als eine Vor-
bereitungsstufe für die übrigen Fakultäten, wie etwa die Oberklassen
unserer Gymnasien. Hier wurde mancherlei gelehrt, was teilweise schon
auf den Klöstern und Domschulen Gegenstand der Unterweisung war,
nämlich, und hiervon hat die Artistenfakultät ihren Namen, die septem
artes liberales, die sieben freien Künste, wie gewöhnlich übersett
wird. Der Lehrgang zerfiel in das trivium und quadrivium,
den Drei= und den Vierweg. Ersteres, das trivium, umfaßte die
Unterweisung in der lateinischen Sprache, aber nicht nur in deren
Grammatik, sondern auch in ihrer rhetorischen und dialektischen Ve-
wendung. Die Rhetorik, aber besonders die Dialektik, gab Gelegenhei,
auf andere Wissensgebiete einzugehen, letztere namentlich auf die Philo-
sophie. Die mittelalterliche Philosophie aber unterscheidet sich von
der unserer Tage ganz wesentlich dadurch, daß sie nicht auf Grund
Mmöglichst objektiver und vorurteilsloser Forschung, namentlich auch
mit Hilse der experimentellen Naturbeobachtung, zur Kenntnis der
Dinge und Menschen, zur Kenntnis der letzten Ursachen vorzudringen
suchte, sondern sie ging von der Meinung aus, daß das Christentum
eine Offenbarungsthatsache sei und demgemäß einer philosohhischen
Begründung nicht bedürfe, sondern die Grundlage alles Philosophierens
sein müsse; alle Philosophie müßte demgemäß auch wieder zum Christen-
tum zurückführen. Man nennt diese Geistesrichtung, der man unschwer
das Gezwungene und Unnatürliche ansieht, die Scholasti. Kein
Wunder, wenn bei den unausbleiblichen Widersprüchen zwischen reinem
Denken und Offenbarungsdogmatismus die Scholastik zu dialel-
tischen Mitteln greifen mußte, um die Notwendigkeit des bestehenden
Dogmas zu erweisen und jene Widersprüche, wenigstens scheinbar,
zu beseitigen. Es kam natürlich auf den Lehrer an, wie weit
er auf solchem Gebiete seine Schüler führen wollte und vor allem