Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. I. Band, 2. Abteilung. Von der Landesteilung von 1382 bis zum Übergange der Kurwürde an die Albertiner (1547). (2)

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konnte. — An das Trivium schloß sich das Quadrivium an. Arith= 
metik, Geometrie, Astronomie und Musik umfassend, also, um nach 
unseren Verhältnissen es zu bezeichnen, der reale Teil der Unterweisung. 
Aber diese Unterweisung unterschied sich doch in einem ganz wesentlichen 
Punkte von der unsrigen. Während der Schüler und Student unserer 
Tage lediglich lernend seinem Ziele zustrebt, that dies der mittelalter- 
liche lernend und alsbald auch lehrend. Auch hier tritt wieder der 
schon früher bei den Stadtschulen erwähnte zünftische Charakter des 
Mittelalters in Erscheinung. Auch die Universität bildet eine große 
Zunft oder eine Vereinigung von vier Zünften, den vier Fakultäten. 
In jede dieser vier Zünfte tritt man ein als Lehrling, wird Geselle 
und legt schließlich seine Meisterprüfung ab. Der Lehrling, scholaris, 
wird unterwiesen im Trivium; es hängt natürlich von seiner Begabung 
und seinen Vorkenntnissen ab, wie lange er hier sich mit den grammati- 
kalischen und rhetorischen Vorstudien abgeben mußte, ehe er zu der 
eigentlichen Hauptwissenschaft des Triviums, zur Dialektik und damit 
zum Abschlusse dieses Kurses gelangte. In der Regel nahm man 
zwei Jahre an. Durch eine Prüfung vor seinem Lehrmeister in 
Gegemwvart der anderen Meister erwarb sich der Scholar den Gesellen- 
stand; in diesem führt er den Namen baccalarius, ein Wort, das 
auch, infolge falscher Ableitung, in der Form baccalaureus erscheint. 
Die französische Form bachelier deutet jedoch auf das Richtige hin, 
auf eine Zusammenziehung aus bas chevalier; wie der Knappe zum 
wirklichen Ritter, so steht der Baccalarius zum Magister. Als aka- 
demischer Titel wurde das Wort im 13. Jahrhundert durch Papst 
Gregor IX. (1227—1241) auf der Universität Paris eingeführt eben 
zur Bezeichnung der durch die Prüfung im Trivium gegangenen 
Studenten. Die Prüfung, zu der jedesmal eine Disputation ge- 
hörte, fand während der Fastenzeit vor Ostern statt, und der neue 
Baccalarius durfte von da an zur Kennzeichnung seiner Würde ein 
rotes Barett tragen. Wer Baccalarius geworden ist, geht nicht 
nur zu dem ebenfalls auf etwa zwei Jahre berechneten Studium 
des Quadriviums vor, sondern er ist auch verpflichtet, den jungen 
Nachwuchs im Trivium, vornehmlich in der Grammatil, zu unterrichten; 
hier kommt die zünftische Ausgestaltung der Universität dem vorhan- 
denen Bedürfnis entgegen. Denn die Artistenfakultät war von allen 
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