— 997 —
Straße hinweg zu ziehen, sondern sogar eidlich mußte er sich ver-
pflichten, seiner alma mater noch mindestens zwei Jahre als Lehrer
treu zu bleiben. In dieser Zeit hatte er neben seiner unterrichtenden
Beschäftigung Zeit genug, wenn er wollte, sich einer der höheren
Fakultälen wiederum als scholaris, als Lehrling, anzuschließen und
sich hier nach entsprechenden Studien den Meistertitel zu erwerben.
Aber der Meister in diesen drei Wissenszweigen wurde mit dem
besonderen Titel Doktor geehrt; natürlich galt der Doktor der Theologie
am höchsten. Die Rechtswissenschaft beschränkte sich anfänglich auf
das kanonische, also das kirchliche Recht, da, wie früher gezeigt wurde,
das Gerichtsverfahren noch allenthalben nach lokalem Rechte gehandhabt
wurde und dessen Kenntnis in allen Teilen des Volkes lebendig war
und nicht besonders gelehrt zu werden brauchte. Erst mit dem über-
handnehmen des römischen Rechts machte sich die Errichtung von
solchen Lehrstühlen und ihre besondere Ausstattung notwendig, wie
3. B. erst 1467 auf der leipziger Universität auf dem großen Fürsten-
kolleg drei Stellen für Lehrer des Zivilrechtes vorbehalten wurden,
nachdem freilich schon 1432 von einem Ordinarius dieser Fakultät die
Rede gewesen ist. Dagegen war gleich von Anfang an zu Leipzig für
die medizinische Fakultät Sorge getragen worden, indem zwei Kollegia-
turen im großen Fürstenkolleg vermehrt um die Einkünfte je einer für das
kleine Fürstenkolleg ausgesetzten Präbende für Mediziner bestimmt wurden.
Aber noch nach einer anderen Richtung hin war die mittelalter-
liche Universität eingeteilt. Studenten und Lehrer schieden sich, wie
sich das übrigens aus der Natur der Sache ergab, nach Nationen.
So hatte es zu Prag, wie wir schon früher sahen, die böhmische,
bayrische, sächsische und polnische Nation gegeben. In gleicher Weise
wurde zu Leipzig die meißnische, fächsische, bayerische und polnische
Nation unterschieden und der Eintritt in eine solche nach dem
Geburtsorte bestimmt. Aber wie sich schon zu Prag Mißhelligkeiten
ergeben hatten, so auch zu Leipzig, da die einzelnen Nationen alsbald,
schon 1411, unter einander über ihre geographischen Grenzen in Streit
gerieten. Dieser wurde zwar durch Friedrich und Wilhelm geschlichtet,
brach aber später öfter wieder aus, z. B. als Herzog Georg 1505 die Ober=
und Niederlausitz von der meißnischen Nation, wozu sie 1411 gekommen
war, trennte und zur polnischen schlug. Überdies änderten sich die