— 1007 —
eine für jede gleichzeitige staatliche Einrichtung mustergültige Staats-
verwaltung in der Zeit ihrer Blüte gegenüber der staatlichen Misere
des Mittelalters that sich vor dem erstaunten Auge auf, als es endlich
gelungen war, die bisher meist unbeachtet gelassenen Schriften eines
Cicero, Sallust, Virgil, Ovid u. s. w. wieder aufzufinden. Und all
diese Großartigkeit, all dieser Glanz hatte bestehen können ohne das
Christentum! Und als nun erst mit der Kenntnis des Griechentums
die eigentlich klassische Lebensanschauung bekannt wurde, von der die
römische Litteratur doch nur ein gefärbtes Spiegelbild bot, da kannte
die Freude an diesen wahrhaft humanen, wahrhaft menschlichen Hervor-
bringungen vielfach keine Grenzen. Ein ganz neues Feld der Arbeit
ergab sich namentlich für die Artisten, mächtig wuchs die Opposition
gegen die scholastische Denk= und Lehrweise. Den alten Kram gänzlich
über Bord zu werfen, war der feste Wille der Jüngeren, während die
Alteren meist wohl aus Trägheit, sicher aber auch aus Vorsicht und
kirchlich-beeinflußtem Mißtrauen gegen die neuere Richtung sich ablehnend
verhielten. Und in der That drohte der Kirche bei Überhandnahme
dieses Geistes die Zerstörung. Leipzig stand auf seiten der über-
lieferung. Zwar hat Kourad Celtes, dessen beiläufig schon früher
Erwähnung gethan wurde und der als einer der Chorführer der
deutschen Humanisten angesehen werden muß, von Heidelberg kommend,
eine Weile lang Vorlesungen zu Leipzig gehalten, ferner Hermann
Busche, der als Freund Ulrichs von Hutten bekannt wurde, ferner
Johann Rhagius aus Sommerfeld in der Lausitz oder, wie er sich
latinisiert nannte, Aesticampianus, der über die lateinische und griechische
Sprache dozierte. Aber der Widerstand der Alten und namentlich der
Geistlichkeit trieb sie bald wieder davon. Aus gleichem Grunde verließ
Paul Niavis oder Schneevogel aus Eger, der als Gewährsmann bei
der Beschreibung der Schneeberger Silbergruben angezogen wurde,
die Universität, an der er jedoch nicht Professor war, sondern nur
1488—1490 sich Studierens halber aufhielt, aber offenbar auch
privatim lehrend eine große Thätigkeit entfaltete ebenso wie litterarisch.
Er war dann in Zittau und Bautzen als Oberstadtschreiber angestellt.
Daß auch in Erfurt geistiges Leben zur Genüge herrschte, wird
durch verschiedene Beispiele belegt. Der erste Rektor war aus Thü-
ringen selbst, nämlich Johann Müller von Arnstadt, der als Theologe