Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. I. Band, 2. Abteilung. Von der Landesteilung von 1382 bis zum Übergange der Kurwürde an die Albertiner (1547). (2)

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eine für jede gleichzeitige staatliche Einrichtung mustergültige Staats- 
verwaltung in der Zeit ihrer Blüte gegenüber der staatlichen Misere 
des Mittelalters that sich vor dem erstaunten Auge auf, als es endlich 
gelungen war, die bisher meist unbeachtet gelassenen Schriften eines 
Cicero, Sallust, Virgil, Ovid u. s. w. wieder aufzufinden. Und all 
diese Großartigkeit, all dieser Glanz hatte bestehen können ohne das 
Christentum! Und als nun erst mit der Kenntnis des Griechentums 
die eigentlich klassische Lebensanschauung bekannt wurde, von der die 
römische Litteratur doch nur ein gefärbtes Spiegelbild bot, da kannte 
die Freude an diesen wahrhaft humanen, wahrhaft menschlichen Hervor- 
bringungen vielfach keine Grenzen. Ein ganz neues Feld der Arbeit 
ergab sich namentlich für die Artisten, mächtig wuchs die Opposition 
gegen die scholastische Denk= und Lehrweise. Den alten Kram gänzlich 
über Bord zu werfen, war der feste Wille der Jüngeren, während die 
Alteren meist wohl aus Trägheit, sicher aber auch aus Vorsicht und 
kirchlich-beeinflußtem Mißtrauen gegen die neuere Richtung sich ablehnend 
verhielten. Und in der That drohte der Kirche bei Überhandnahme 
dieses Geistes die Zerstörung. Leipzig stand auf seiten der über- 
lieferung. Zwar hat Kourad Celtes, dessen beiläufig schon früher 
Erwähnung gethan wurde und der als einer der Chorführer der 
deutschen Humanisten angesehen werden muß, von Heidelberg kommend, 
eine Weile lang Vorlesungen zu Leipzig gehalten, ferner Hermann 
Busche, der als Freund Ulrichs von Hutten bekannt wurde, ferner 
Johann Rhagius aus Sommerfeld in der Lausitz oder, wie er sich 
latinisiert nannte, Aesticampianus, der über die lateinische und griechische 
Sprache dozierte. Aber der Widerstand der Alten und namentlich der 
Geistlichkeit trieb sie bald wieder davon. Aus gleichem Grunde verließ 
Paul Niavis oder Schneevogel aus Eger, der als Gewährsmann bei 
der Beschreibung der Schneeberger Silbergruben angezogen wurde, 
die Universität, an der er jedoch nicht Professor war, sondern nur 
1488—1490 sich Studierens halber aufhielt, aber offenbar auch 
privatim lehrend eine große Thätigkeit entfaltete ebenso wie litterarisch. 
Er war dann in Zittau und Bautzen als Oberstadtschreiber angestellt. 
Daß auch in Erfurt geistiges Leben zur Genüge herrschte, wird 
durch verschiedene Beispiele belegt. Der erste Rektor war aus Thü- 
ringen selbst, nämlich Johann Müller von Arnstadt, der als Theologe
	        
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