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Mittel lieferten die neuen Silberanbrüche im Erzgebirge. Als 1485
die Teilung der Lande erfolgte, verlor Albrecht, der sich Dresden zu
seiner Residenz erkor, das Interesse an dem schönen Bau, den erst
unsere Zeit zu dem vom ersten Meister gewollten Glanze verholfen
hat. Beide genannten Meister standen der meißner Bauhütte vor, die
wie die zu Rochlitz und die zu Torgau und Dresden unter der Ober-
leitung der straßburger Hütte standen. Die Satzungen der Rochlitzer
wurden im Jahre 1464 von Friedrich dem Sanftmütigen bestätigt und
lassen uns deutlich in das Wesen dieser Steinmetzzunft hineinsehen.
Das Oberhaupt des Ganzen ist der Meister, der vom Bauherrn ge-
wählt wird; bei dem ersten Bau, den er unternimmt, muß er das
Zeugnis mindestens zweier bewährter Meister für sich haben, daß er dem
Werke auch gewachsen sei. Er muß den Bau genau nach der Visierung
ausführen, soll gegen seine Untergebenen gerecht sein, sie zu einem
frommen und ehrbaren Leben anhalten, keinen Streit unter ihnen dulden
und vorgebrachte Klagen unpartelüsch entscheiden, in wichtigeren Sachen
unter Zuziehung zweier anderer Meister. Nächst dem Meister steht in
der Hütte der Pollierer; man hat das Wort aus Parlierer erklärt, so daß
es Sprecher bedeuten würde; in unseren Tagen ist dann Polier daraus
geworden. Im Beisein anderer Meister und Pollierer wurde er aus
solchen Gesellen ausgesucht, welche mindestens ein Jahr auf der Wander-
schaft gewesen waren. Er mußte auch größere Erfahrung besitzen,
denn er vertrat den Meister durchaus, leitete in seiner Abwesenheit
den Bau, nahm Gesellen an und lohnte sie ab, mußte der erste in
der Bauhütte vor Beginn der Arbeit sein und als letzter nach Feier-
abend weggehen; Beginn und Ende der Arbeit zeigte er an, indem
er mit einem Hammer auf einen Stein schlug. Darum war auch die
Übertragung seines Amtes an ihn mit gewissen Feierlichkeiten verknüpft.
Unter Anrührung des Zollstabes und Winkelmaßes mußte er einen
Eid zu den vier Heiligen der Zunft, Severus, Severianus, Carpo-
phorus und Victorinus ablegen, daß er allerwegen seine Pflicht thun,
die Gebäude behüten und den Meister vor Schaden schützen wolle.
Die Stellung der Gesellen bedarf keiner besonderen Charakterisierung,
auch die der Lehrlinge nicht; nur muß erwähnt werden, daß die Lehr-
zeit fünf Jahre dauerte, da es sich ja nicht bloß um die Erlernung
der äußerlichen Handfertigkeit handelte, sondern um die der sogenannten