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Wittenberg aus unterhielt, als diesen und ihn dieselben Klostermauern
umschlossen. Wenn nun die Genannten sich auch als Anhänger der
neuen Wissenschaft und als Förderer von jungen Leuten, die sich ihr
widmen wollten, zeigten, so machten sie sie doch noch nicht zum Gegen-
stand ihrer Vorlesungen. Dies that zu Erfurt zuerst Maternus Pistoris
aus Ingweiler im Bistum Straßburg, der vornehmlich durch Trut-
vetter gebildet wurde, seit 1488 dem großen Kolleg angehörte und
1494 nach erlangter Magisterwürde als Lehrer aufzutreten begann.
Er hatte es sich sehr angelegen sein lassen, selbst in den Besitz der
klassischen Autoren zu kommen und interpretierte sie nun in seinen
Vorlesungen, was großes Aufsehen erregte. Auch bildete er seinen
Stil an ihnen und eignete sich im Gegensatz zur scholastischen Aus-
drucksweise ihre Eleganz an. Er fand einen verständnisvollen Ge-
sinnungs= und Studiengenossen an dem etwas jüngeren Nikolaus
Marschalk aus Roßla in Thüringen. Der war von Haus aus
Jurist und bekleidete ein städtisches Amt. Das hinderte ihn aber
nicht, an der Universität in gleicher Weise wie Pistoris Vorlesungen
über lateinische Autoren zu halten. Auch erwarb er sich als Verfasser
zierlicher Verse den Ruf des „thüringischen Poeten“ weit über die
Grenzen seines Vaterlandes hinaus. Er eignete sich aber auch die
Kenntnis der griechischen Sprache an, und er war es, der, wie früher
erwähnt wurde, die Drucklegung des ersten griechischen Buches in
Deutschland zu Erfurt bewirkte. Er verließ 1502 Erfurt und wandte
sich nach Wittenberg, das von vornherein den humanistischen Studien
seine Thore geöffnet hatte, und zog da sogar die fürstlichen Brüder
Friedrich und Johann in seine Vorlesungen. Dann ging er an den
Hof Joachims von Brandenburg, der ihn vergeblich für seine frankfurter
Gründung zu gewinnen hoffte, und dann nach Rostock, wo er an der
dortigen Universität der humanistischen Richtung zum Siege verhalf.
Es konnte nicht fehlen, daß die beiden in innigster Freundschaft ver-
bundenen Lehrer einen bedeutenden Einfluß auf die studierende Jugend
gewannen, die sich mit hingebender Liebe an die verständnisvoll für-
sorgende Art des Maternus und mit Begeisterung an den feurigen
Marschalk anschloß. Aus der großen Zahl tüchtiger Köpfe, die ihre
Ideale durch die Lehren dieser Meister verwirklicht sahen, mag nur
Einer erwähnt werden, der liebenswürdige und feinsinnige Georg Burk-