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Vorlesungen in romfeindlichem Sinne. Auch Crotus Rubianus schrieb
zustimmend an Luther, und mit Hutten trat Franz von Sickingen und
somit die rheinische Reichsritterschaft auf die Seite des Reformators,
dem zwar Menschenfurcht nicht im Herzen wohnte, der aber doch mit
Freuden die Möglichkeit einer schützenden Unterkunft erwog. Im
Verkehr mit Hutten und Sickingen erhielt Luthers Stellung, die
bisher doch zum größten Teile theologisch gewesen war, einen
nationalen Charakter, und darum hob ihn die Nation auf ihren
Schild. Wohl bedurfte Luther eines solchen Rückhaltes. Denn Nom
nahm nun seine ganze Kraft zusammen, um den kühnen Gegner zu
zerschmettern. Am 15. Juni 1520 erfolgte unter Bezugnahme auf
das Urteil der vorgenannten Universitäten die Bannung Luthers.
Binnen sechzig Tagen nach Veröffentlichung der Bulle in den Sprengeln
Meißen, Merseburg und Brandenburg sollte Luther die 41 als
ketzerisch von der Bulle bezeichneten Sätze widerrufen haben, im
Weigcrungsfalle sollten alle weltlichen Obrigkeiten den Gebannten
fassen und an den Papst ausliefern.
Als Antwort auf diesen päpstlichen Angriff erließ Luther sein
gewaltiges „Sendschreiben an den christlichen Adel deutscher Nation
von des geistlichen Standes Besserung“ vom Anfang August 1520.
Er forderte darin Beschränkung der Uppigkeit des päpstlichen Hofes,
Schutz des deutschen Volkes vor römischer Habgier, freie Besetzung
der deutschen Kirchenämter mit Deutschen, Entscheidung aller Prozesse
vor deutschem Gericht, Abschaffung des knechtischen Eides der Bischöfe
und der weltlichen Gewalt des Papstes, Beschränkung der Bettelorden
und Rückführung der Klöster auf ihre ursprüngliche Bestimmung,
christliche Schulen zu sein, Aufhebung der Ehelosigkeit der Prieste
und eine Reform der Universitäten und Schulen im humanistschen
Geiste und im Interesse des Bibelstudiums; denn auch dieses sollte
nicht mehr in sklavischer Abhöngigkeit von der allein als unfehber
hingestellten Autorität des Papstes gehalten werden. Es waren zum
größeren Teil Forderungen, die schon von den Reformkonzilien erhoben
worden waren. Aber Luthers Aufstellungen hatten noch den eigen-
tümlichen Charakter der Betonung des nationalen und humaristschen
Elements, sie enthielten das Zukunftsbild einer deutschen National-
kirche und sie nahmen für jeden christlichen Mann das Recht in