Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. I. Band, 2. Abteilung. Von der Landesteilung von 1382 bis zum Übergange der Kurwürde an die Albertiner (1547). (2)

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Vorlesungen in romfeindlichem Sinne. Auch Crotus Rubianus schrieb 
zustimmend an Luther, und mit Hutten trat Franz von Sickingen und 
somit die rheinische Reichsritterschaft auf die Seite des Reformators, 
dem zwar Menschenfurcht nicht im Herzen wohnte, der aber doch mit 
Freuden die Möglichkeit einer schützenden Unterkunft erwog. Im 
Verkehr mit Hutten und Sickingen erhielt Luthers Stellung, die 
bisher doch zum größten Teile theologisch gewesen war, einen 
nationalen Charakter, und darum hob ihn die Nation auf ihren 
Schild. Wohl bedurfte Luther eines solchen Rückhaltes. Denn Nom 
nahm nun seine ganze Kraft zusammen, um den kühnen Gegner zu 
zerschmettern. Am 15. Juni 1520 erfolgte unter Bezugnahme auf 
das Urteil der vorgenannten Universitäten die Bannung Luthers. 
Binnen sechzig Tagen nach Veröffentlichung der Bulle in den Sprengeln 
Meißen, Merseburg und Brandenburg sollte Luther die 41 als 
ketzerisch von der Bulle bezeichneten Sätze widerrufen haben, im 
Weigcrungsfalle sollten alle weltlichen Obrigkeiten den Gebannten 
fassen und an den Papst ausliefern. 
Als Antwort auf diesen päpstlichen Angriff erließ Luther sein 
gewaltiges „Sendschreiben an den christlichen Adel deutscher Nation 
von des geistlichen Standes Besserung“ vom Anfang August 1520. 
Er forderte darin Beschränkung der Uppigkeit des päpstlichen Hofes, 
Schutz des deutschen Volkes vor römischer Habgier, freie Besetzung 
der deutschen Kirchenämter mit Deutschen, Entscheidung aller Prozesse 
vor deutschem Gericht, Abschaffung des knechtischen Eides der Bischöfe 
und der weltlichen Gewalt des Papstes, Beschränkung der Bettelorden 
und Rückführung der Klöster auf ihre ursprüngliche Bestimmung, 
christliche Schulen zu sein, Aufhebung der Ehelosigkeit der Prieste 
und eine Reform der Universitäten und Schulen im humanistschen 
Geiste und im Interesse des Bibelstudiums; denn auch dieses sollte 
nicht mehr in sklavischer Abhöngigkeit von der allein als unfehber 
hingestellten Autorität des Papstes gehalten werden. Es waren zum 
größeren Teil Forderungen, die schon von den Reformkonzilien erhoben 
worden waren. Aber Luthers Aufstellungen hatten noch den eigen- 
tümlichen Charakter der Betonung des nationalen und humaristschen 
Elements, sie enthielten das Zukunftsbild einer deutschen National- 
kirche und sie nahmen für jeden christlichen Mann das Recht in
	        
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