— 1090 —
wert, daß die kaiserliche Ladung Luthern nicht durch einen einfachen
Boten, sondern durch den Reichsherold Sturm überbracht wuͤrde, der
dann auch Luthern nach Worms als keiserlicher Geleitsmann folgte.
Am 26. März 1521 traf dieser bei Luther in Wittenberg ein.
Selbst wenn er krank sei, wolle er der kaiserlichen Ladung als
der seines Herrn Folge leisten, so hatte Luther Spalatin, dem vor-
sichtigen und kundigen Freunde, bezüglich jener Novemberaufforderung
des Kaisers seine Meinung mitgeteilt. Aber nun kam der Ernst, und
die Sache fand ihren Mann. Getrost zog Luther gen Worms. Sein
Weg führte über Erfurt. Welch eine Begeisterung! Die Universität
empfing ihn amtlich. Er mußte predigen; er wollte es auch. Seine
Predigt richtete sich gegen die Pfaffen. „Es sind wohl dreitausend,
unter denen man vier rechte nicht findet; Gott erbarme sich des
Jammers!“ So rief er und fand überzeugte Hörer. Eine Erhebung
des noch immer nicht beruhigten Stadtpöbels gegen die Pfaffheit war
die Folge dieser Predigt, nachdem er am 8. April die gastliche Stadt
verlassen hatte. Wohl konnte es ihn mit bangen Bedenken erfüllen,
als er unterwegs davon Kunde bekam, daß durch kaiserliches Edikt
entsprechend der Anordnung der Bulle die Verbrennung seiner Schriften
befohlen sei. Selbst der Kurfürst wurde etwas ängstlich und ließ ihn
durch Spalatin warnen. Auch kam zu ihm in Oppenheim zwischen
Frankfurt und Worms von Sickingen durch Martin Bucer die Auf-
forderung, er möge sich der Ebernburg doch lieber als Schutzstätte
bedienen. Er lehnte ab mit dem bekannten Worte: „Und wenn so
viel Teufel in Worms wären als Ziegel auf den Dächern, ich wollte
wohl hineinkommen.“ Am 16. April in der zehnten Vormittagsstunde
fuhr er in offenem Wagen zu Worms ein, voran der kaiserliche Herold,
hinter ihm eine Menge sächsischer und fränkischer Ritter; mit hundert
Pferden sei der große Ketzer nach Worms gekommen, meldete der
päpstliche Legat Aleander nach Rom. Im Johanniterhause, unfern
der Wohnung des Kurfürsten Friedrich, stieg Luther ab. „Gott wird
mit mir sein,“ sagte er den Freunden, die ihn sorgenvoll begrüßten.
Bis in die späte Nacht hinein empfing er Besuche meist von hervor-
ragenden Leuten.
Am 17. April, einem Mittwoch, nachmittags 4 Uhr, sollle er
vor dem Reichstag erscheinen; aber erst um 6 Uhr konnte er vor das