Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. I. Band, 2. Abteilung. Von der Landesteilung von 1382 bis zum Übergange der Kurwürde an die Albertiner (1547). (2)

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genannten Begleitung wieder ab, um über den Wald nach Wallers- 
hausen und Gotha zu gelangen. Hinter Altenstein bei Liebenstein, 
dem lieblich gelegenen Badeorte heutiger Zeit, als der Wagen sich 
amit müder Qual“ den Berg hinaufwand, brachen aus dem Buchen- 
walde fünf Reiter hervor. Angstvoll schreiend sprang der gute Pezen- 
steiner aus dem Wagen, Amsdorf jedoch, sicher ebenfalls unterrichtet, 
schalt und drohte, um dem Fuhrknecht das Bild des lberfalls recht 
deutlich in die Seele zu prägen, auf die Wegelagerer ein, diese aber ließen 
sich das wenig anfechten, fragten mit drohender Stimme, welcher der 
Luther wäre, und hoben diesen aus dem Wagen. Die entsetzten Zurück- 
gebliebenen sahen ihn zwischen den Pferden in den Wald hineintraben. 
Da änderte sich nun die Szene. Bisher waren die Reiter mit nieder- 
gelassenem Visier geritten, jetzt schlug es der eine von ihnen empor 
und zeigte sich als der biderbe Schloßhauptmann der Warkburg 
bei Eisenach, Hans von Berlepsch. Luther wurde auf ein bereit- 
gehaltenes Pferd gesetzt, und nun ging der Ritt auf Umwegen nach 
der alten Stätte des Minnegesanges, wo nun die von Hans Sachs 
bald gepriesene wittenberger Nachtigall neue Weisen erfinden sollte. 
Die Reiter kamen um Mitternacht am Ziele an. „Junker Jörg“ erhielt 
ein Zimmer, wo er hinausblicken konnte auf die schönen Buchen des 
Wartburgberges, den Bart mußte er sich wachsen lassen, er mußte 
reiten und jagen, was dem „gottgeistigen Menschen“, wie ihn eben 
um diese Zeit Albrecht Dürer nannte, recht schwer fiel, da seine 
Gedanken ganz wo anders weilten. 
Wie bang fiel es dem deutschen Volke auf die Seele, als 
es von jenem überfall hörte. Manche freilich hofften. Sickingens 
Name wurde genannt, aber auch auf Friedrich riet man, der so 
vorsichtig war, daß er anfangs nicht einmal von dem Aufenthalts- 
orte Luthers etwas Bestimmtes wissen wollte. Aber bald zeigte 
der versteckte Löwe seine Klauen. Flugschriften, die ja nach dem 
wormser Edikt nirgends hätten gedruckt und verkauft werden dürfen, 
waren doch mit rätselhafter Geschwindigkeit in aller Hände; Erzischo 
Albrecht von Mainz sah sich durch eine solche so heftig angegriffe, 
daß er de- und wehmütig dem geächteten und gebannten Mönch un 
bekannten Aufenthaltsortes Besserung und Abstellung von Mißöröuchen 
versprach. Aber diese kleinen Streitschriften sind völlig zu übergchen
	        
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