— 1107 —
seien Knechte nach Gottes Willen, denn sie stammten von Ham ab,
und diesem habe Noah geflucht, daß er ein Knecht aller Knechte sein
solle (1. Moses, 9. Kap.). Schon vor der Reformation hatten sich
an verschiedenen Punkten Süddeutschlands die Bauern gegen ihre
Peiniger erhoben, so 1476 in Franken in der Würzburger Pflege, 1496
und 1502 im Elsaß, 1514 in Württemberg. Die Vereinigungen vom
„Bundschuh“ und vom „Armen Konz“ waren weitverzweigte Geheim-
bünde, die zwar von den geistlichen und weltlichen Herren mit allen
Mitteln und der größten Grausamkeit verfolgt wurden, aber doch
nicht ausgerottet werden konnten. Unter der Asche glimmte das Feuer
zehrend weiter, und nunmehr wurde es aufs neue mit Macht wieder
durch den frischen Lufthauch der Reformation angefacht. Im Juni
1524 brach der Aufstand in der Stühlinger Landschaft aus in dem
Winkel, wo der Rhein den Bodensee verläßt, und verbreitete sich über
Württemberg, den Breisgau, den Elsaß, das Allgäu, wo die Abtei
Kempten durch die Tyrannei ihrer Abte den Boden für eine Rebellion
wohl vorbereitet hatte; bald war ganz Süddeutschland südlich des
Mains in Empörung begriffen, und allenthalben traten in den For-
derungen der Bauern neben solchen, die auf die Besserung ihrer sozialen
und wirtschaftlichen Lage abzielten, auch die auf, daß sie sich ihre
Pfarrer selbst setzen und das Evangelium rein und lauter gepredigt
haben wollten. Diese Wünsche der Bauern sind in den sogenannten
zwölf Artikeln enthalten, die im April 1525 herauskamen und denen
man das Lob nicht versagen kann, daß sie verständig und bescheiden
gehalten sind und nur das Mögliche und Erreichbare verlangen.
Aber auch nördlich des Mains begann es zu gären. Hier in
Thüringen waren zwei Männer die Seele der Bewegung, Thomas
Münzer und Heinrich Pfeiffer; in zweiter Linie erst kommt Karlstadt
in Betracht. Münzer war aus Böhmen, wo er sich eine Zeit lang
zu Prag aufgehalten hatte, weggegangen und hatte sich schließlich nach
Thüringen gewandt, wo er in Allstedt, südlich von Sangerhausen,
eine Pfarrstelle annahm gegen Ende des Jahres 1522. Er richtete
hier den Gottesdienst völlig evangelisch ein; alle Handlungen wurden
in deutscher Sprache vollzogen; nicht bloß einzelne Stellen aus den
Evangelien und Episteln sollten zur Verlesung kommen, sondern nach
und nach die ganze Bibel, und darüber predigte er dann. Er hatte
*•]*5