Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. I. Band, 2. Abteilung. Von der Landesteilung von 1382 bis zum Übergange der Kurwürde an die Albertiner (1547). (2)

— 1113 — 
der Vorstädte Mühlhausens und das Proletariat der Stadt gegen 
ihren Rat und die Stadtverwaltung auf. Der Rat war unschlüssig, 
was zu thun sei. Sich an Johann von Sachsen zu wenden, empfahl 
sich nicht nur darum nicht, weil der Fürst es offenbar mit der Sache 
des Evangeliums hielt, sondern vor allem, weil man Mißtrauen hegte 
gegen seine und seines Bruders Friedrich etwaige Absichten; oft genug 
hatte Mühlhausen sich der Begehrlichkeit der sächsischen Fürsten zu 
erwehren gehabt. Somit wurden den Wünschen der Menge entsprechend 
und namentlich gemäß den Forderungen Pfeiffers, der sich sehr maßvoll 
hielt, einige besonders schreiende Übelstände abgestellt. Als aber so 
die Ruhe wiederhergestellt war, ermannten sich die Patrizier des Rates 
und wußten Pfeiffers Verweisung durchzusetzen. Es ist nun allerdings 
nach dem eben Gesagten verdächtig, wenn sich Herzog Johann für 
die Wiederaufnahme Pfeiffers in die Stadt verwandte. Zwar lehnte 
der Rat ab, aber Ende 1523 war Pfeiffer doch wieder in Mühlhausen. 
Und damit vollzog sich die Umgestaltung der Stadt in ein evangelisches 
Gemeinwesen, nicht ohne die Wirren, die auch anderswo hervorgetreten 
waren, nämlich durch einen barbarischen Bildersturm. Wechselnd war 
von nun an die Stellung Pfeiffers, der in der eigentlichen Stadt 
keinen ausschlaggebenden Anhang besaß, wenn er sich aber auf die 
Vorstädte stützen wollte, das Mißtrauen der auf ihre Privilegien eifer- 
süchtigen Altstadt erregte. Im August 1524 war jedoch sein Ansehen 
gefestigt. Da erschien Münzer, und mit ihm kam Spaltung und 
Zwietracht unter die Bürger. Das machte sich der Stadtadel zu nutze 
und setzte die Ausweisung Münzers durch; unmittelbar darnach mußte 
auch Pfeiffer die Stadt verlassen. Ihnen folgte ein Teil ihres Anhangs. 
Beide wandten sich nach Franken, wo schon seit dem Mai 1524 die 
Saat des Aufruhrs in die Höhe geschossen war, dann aber nach dem 
Oberrhein, nach Straßburg und Basel. Dort trafen sie mit Karlstadt 
zusammen, der durch Luthers Feindschaft aus den sächsischen Landen 
verdrängt worden war. Als er durch Luthers Feuerpredigten im 
Frühjahr 1522 mit den Zwickauern veranlaßt worden war, Wittenberg 
zu verlassen, war er aufs Land gegangen, nach dem Dorfe Segren, 
wo sein Schwiegervater wohnte. Da hatte er einen Bauernkittel an- 
gezogen und ließ sich nicht mehr Doktor, sondern Bruder Andres 
nennen. Er hielt dafür, daß es besser sei, sich, wie der Apostel Paulus,
	        
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