Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. I. Band, 2. Abteilung. Von der Landesteilung von 1382 bis zum Übergange der Kurwürde an die Albertiner (1547). (2)

— 1134 — 
wortete er ihnen: „Was fragen wir nach ihm? er hat nicht weiter 
zu gebieten, denn in weltlichen Sachen; wenn er aber wollte weiter 
greifen, so wollen wir sprechen: Gnädiger Herr, wartet Ihr Eures 
Regiments; man muß Gott mehr gehorchen als den Menschen!“ Und 
doch rief er schon im nächsten Jahre die Hilfe des Staates gegen 
diejenigen an, die sich nicht von dem alten gotteslästerlichen Wesen 
trennen wollten. 
Überdies drängte sich ganz von selbst Luthern die überzeugung 
auf, daß das Reich Gottes zwar nicht von dieser Welt sei, daß aber 
seine irdischen Vertreter ganz wie die Abte, Prioren und Pfarrherren 
auch das Bedürfnis gesicherter Einkünfte hätten. Mit großer Ge- 
schwindigkeit hatten die weltlichen Herren, einen Rechtszustand benutzend, 
der ein sogenanntes Grundbuch nicht kannte und die Leute nach dem 
Prinzipe des am raschesten Zufassens leben ließ, sich in den Besitz der 
frei gewordenen Klostergüter gesetzt, denen Abt und Prior fehlten. Die 
eines weltlichen Schutzes beraubten Stifter wurden eine willkommene 
Beute der mit einem Male sehr evangelisch gesinnt gewordenen Nachbarn. 
Hier mußte vor allem Wandel geschaffen werden, und hier zeigte es 
sich mit sonnenklarer Deutlichkeit, daß das Weltliche nun doch nicht 
von dem Geistlichen zu trennen sei. So mußte denn Luther die 
Landesfürsten als „Notbischöfe“ anrufen, und sie folgten dem Rufe 
gern, der besser schon früher hätte erschallen sollen. Mit der ihm 
eigenen Leidenschaftlichkeit schrieb Luther nun auch das unbedingte 
Gottesgnadentum der Fürstengewalt auf seine Fahnen und begab 
sich damit, sicher wider seine eigene innerste Überzeugung, aber durch 
die eben weltlich sich anders als geistlich gestaltenden Verhältnisse 
gezwungen, in den Dienst des werdenden modernen Staates. Es 
wäre Thorheit, darüber zu rechten und zu urteilen, ob Luther nicht 
vielleicht andere Wege hätte einschlagen müssen und in die Bahnen 
Zwinglis und Calvins einlenken. Die damaligen Verhältnisse schufen 
einen Mann wie Luther, und er übte dann wieder einen seiner Ent- 
wickelung gemäßen Einfluß auf die Verhältnisse aus. 
Während in Hessen unter Philipps Leitung sich ungemein rasch 
eine Landeskirche entwickelte, der die homberger Beschlüsse ein, übrigens 
bald geändertes, demokratisches Gepräge gaben, war gerade in Sachsen 
die Umgestaltung der alten zur neuen Kirche vorsichtig langsam trotz
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.