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Luthers gelegentlich zufahrender Art, der übrigens auch nach anderer
Seite hin den Bruch mit der alten Kirchenform durchführte, indem er
sich am 13. Juni 1525 mit Katharina von Bora, jener aus dem Kloster
Nimbschen entwichenen Nonne, verheiratete. — Noch immer gab es
Prediger, die das Abendmahl je nach Wunsch in einerlei oder beiderlei
Gestalt verabreichten, noch immer solche, die beweibt waren, aber doch
frohgemut fortfuhren, die alte Lehre anzupreisen und auf das Ketzer-
tum dieser Tage zu schelten. Ja, in Hayna war noch 1528 ein
Prediger, der in der einen Kirche des Ortes Messe hielt, in der an-
deren aber das Abendmahl nach neuem Ritus austeilte. Alles trug
noch den Stempel des Provisorischen, wie es auch ganz im Sinne
Luthers lag: er wollte ja keine festen Normen schaffen, da doch
einer jeden solchen die Verbesserungsbedürftigkeit anhafte. Wohl aber
entwickelte sich schon deutlich die Gestalt des nachmaligen lutherischen
Gottesdienstes im Sinne seines namentlich auf das Erziehliche hin-
arbeitenden Schöpfers. Wie er 1524 an den Rat der Städte sein Rund-
schreiben hatte ergehen lassen, daß sie Schulen aufrichten müßten, so sollte
ihm auch der Gottesdienst zur geistlichen Unterweisung dienen, und so
ergab sich im Gegensatz zur alten Kirche, die das Meßopfer als die Haupt-
sache angesehen hatte, für die neue Kirche die Predigt als der Mittelpunkt.
Ferner, wie er ein inbrünstiger, von der Wirkung des rechten Gebetes
tief überzeugter Beter war, so hätte er das allgemeine Gebet der
Gemeinde gern in den neuen Kultus eingereiht gesehen. Die Un-
ausführbarkeit des Gedankens, wie ihn Luther sich zurechtgelegt hatte,
wies auf einen Ausweg, wie er schöner nicht gedacht werden konnte: den
evangelischen Gemeindegesang. Seit 1523 hat Luther mit Zugrunde-
legung von Psalmen und altkirchlichen Hymnen das lutherische geist-
liche Volkslied geschaffen, das mindestens ebensoviel Seelen der neuen
Lehre gewonnen hat wie Luthers Predigt oder Schrift. Das Volk
singe sich in Luthers Lehre hinein, klagte man katholischerseits. In
dieser Thätigkeit stand ihm seit 1523 zur Seite der ein Jahr jüngere
Paulus Speratus aus Augsburg, der mit knapper Not 1522 dem
vom Bischof von Olmütz über ihn verhängten Feuertod entgangen war.
Auch die beiden tüchtigen Musiker Konrad Rupf und Johann Walther
stellten ihre Begabung unter den Einfluß und in den Dienst des eben-
falls tongewaltigen Reformators. 1524 erschien das erste lutherische