Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. I. Band, 2. Abteilung. Von der Landesteilung von 1382 bis zum Übergange der Kurwürde an die Albertiner (1547). (2)

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Gesangbüchlein. 1527 am zehnten Jahrestag, seit Luther die 95 Thesen 
angeschlagen, „am zehnten Jahrestag der Zertretung des Ablasses, zu 
deren Gedächtnis wir in dieser Stunde einen Trunk gethan haben", 
dichtete er jenen Heldengesang nach den Worten des 46. Pfalms, 
zu dem auch die Weise von ihm gesetzt wurde: „Eine feste Burg ist 
unser Gott". Ferner hat kaum ein Buch glücklicher in erziehlicher 
Richtung gewirkt als sein 1529 erschienener „Deudsch Katechis- 
mus“, die größere Ausgabe für den Unterricht des „jüngeren Volks“ 
und der „rohen Bauern“, also für die Hand des Geistlichen bestimmt, 
die kleinere für den Gebrauch im Hause und in der Familie. Diese 
kürzere Fassung sollte aber auch in Fleisch und Blut des Volkes über- 
gehen, und die Hausväter waren sogar bei Strafe gehalten, selbst die 
Hauptstücke und die zehn Gebote auswendig zu lernen und die Ihrigen 
sie auswendig lernen zu lassen. Sowie hier für die unteren Schichten 
des Volkes die notwendigen Grundsteine für einen weiteren Unterricht 
gelegt wurden, so wurde Luther nicht müde, dem gesamten, vor allem 
auch dem höheren Unterricht das Wort zu reden, ganz im Gegensatz 
zu Karlstadt, dessen andauerndes Schelten auf die Unnützlichkeit der 
Gelehrsamkeit sogar die Hörsäle der wittenberger Universität geleert 
hatte. Luther hatte nicht umsonst zu Erfurt gerade in der Zeit seine 
Vorbildung genossen, als da die humanistischen Studien in Flor kamen. 
Er war ein überzeugter Verehrer der alten Sprachen, die er wohl 
„die Scheide, darinnen dies Messer des Geistes steckt“ zu nennen 
pflegte. Hierbei war sein thätigster Mitarbeiter und Berater Philipp 
Melanchthon, dem mit Fug und Recht der Ehrenname eines praeceptor 
Germaniae gegeben worden ist. 
Aber, wie gesagt, trotz der aufreibendsten Arbeit ließ sich das 
Neue, namentlich solange Friedrich der Weise lebte, in keiner durch- 
greifenden Weise einführen, wozu auch die schon mehrfach berührte 
Abneigung Luthers gegen bindende Formen kam. Doch schrieb er 
1526 seine deutsche Messe oder Ordnung des Gottesdienstes, die sich 
auch ohne Zwang bald allenthalben einbürgerte. Dann entschloß mon 
sich zu einer allgemeinen Kirchenvisitation. Melanchthon entwarf 1527 
einen Unterricht der Visitatoren an die Pfarrherren, welcher vor allem 
eine im ganzen Lande einzuführende Lehr-, Kirchen= und Schulordnung 
enthielt und, nachdem er von Luther und dem Kurfürsten gebilligt
	        
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