Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. I. Band, 2. Abteilung. Von der Landesteilung von 1382 bis zum Übergange der Kurwürde an die Albertiner (1547). (2)

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worden war, dem Drucke übergeben ward. Melanchthon bewies hierin 
seinen versöhnlichen, den Übergang vom Alten zum Neuen in schonender 
Weise anstrebenden Geist. Was sozusagen an technischer Instruktion 
notwendig war, arbeiteten einige kurfürstliche Räte im Verein mit den 
Theologen aus. Außer dem Leben und der Lehre der Geistlichen, die 
selbstverständlich den Hauptgegenstand der Unterweisung bildeten, war 
auch auf die Einkünfte der Kirchen, das Vermögen der Klöster und 
Stifter Bezug genommen, die zur Besoldung der Kirchenämter, als 
namentlich der Prediger und Schullehrer mit Beschlag belegt werden 
sollten; ja man dachte sogar von den lberschüssen Stipendien für die 
studierenden Söhne der Prediger erübrigen zu können, um der neuen 
Kirche einen jungen Nachwuchs zu sichern, oder man wollte auch 
Ausstattungen für die Töchter noch ermöglichen. Die Prediger der 
größeren Städte erhielten die Befugnis, im ländlichen Umkreis in 
Predigt= und Lehramt als Inspektoren oder Superintendenten nach 
dem Rechten zu sehen. Luther, Melanchthon, Bugenhagen, Justus 
Jonas, Spalatin, Myconius, der wackere Gothaner, Menius in 
Eisenach, eine Anzahl anderer angesehener Geistlicher, und vor allem 
auch Laien aus dem Adels= und Gelehrtenstand übten die Visitation 
aus, nachdem man sich in einzelnen Kommissionen in die Arbeit geteilt 
hatte. Die Visitation nahm die Jahre 1527 bis 1529 in Anspruch. 
Die Ergebnisse waren keineswegs ermutigend. An vielen Orten hatten 
sich gänzlich ungelehrte Leute, Handwerker, wie Buchbinder und Buch- 
drucker, aber auch Schuster und Schneider des Predigtamtes bemächtigt 
oder traten mit Bewerbungen um ein solches Amt auf Grund ihrer 
Bibelkenntnis und des Bedürfnisses, diese den anderen mitzuteilen, auf. 
Man darf sich darüber nach den Münzerschen und Bodensteinschen 
Unterweisungen nicht wundern und muß ferner in Betracht ziehen, daß 
auch die niedere Geistlichkeit der alten Kirche eine grenzenlose Unwissen= 
heitzeigte; die Vorbildung für die Amter der Kirche konnte selbstverständlich 
so wie so erst langsam vor sich gehen und den Bedarf erst allmählich 
decken. Im allgemeinen muß nochmals darauf hingewiesen werden, daß 
die Neugestaltung der Kirche von den Territorialgewalten in die Hand 
genommen und durchgeführt wurde. Eine Neuordnung von Reichs wegen 
war eben seit dem speierer Reichstagsabschied ausgeschlossen; die parti- 
kularen Bedürfnisse fanden auch auf kirchlichem Gebiele ihre Rechnung.
	        
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