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worden war, dem Drucke übergeben ward. Melanchthon bewies hierin
seinen versöhnlichen, den Übergang vom Alten zum Neuen in schonender
Weise anstrebenden Geist. Was sozusagen an technischer Instruktion
notwendig war, arbeiteten einige kurfürstliche Räte im Verein mit den
Theologen aus. Außer dem Leben und der Lehre der Geistlichen, die
selbstverständlich den Hauptgegenstand der Unterweisung bildeten, war
auch auf die Einkünfte der Kirchen, das Vermögen der Klöster und
Stifter Bezug genommen, die zur Besoldung der Kirchenämter, als
namentlich der Prediger und Schullehrer mit Beschlag belegt werden
sollten; ja man dachte sogar von den lberschüssen Stipendien für die
studierenden Söhne der Prediger erübrigen zu können, um der neuen
Kirche einen jungen Nachwuchs zu sichern, oder man wollte auch
Ausstattungen für die Töchter noch ermöglichen. Die Prediger der
größeren Städte erhielten die Befugnis, im ländlichen Umkreis in
Predigt= und Lehramt als Inspektoren oder Superintendenten nach
dem Rechten zu sehen. Luther, Melanchthon, Bugenhagen, Justus
Jonas, Spalatin, Myconius, der wackere Gothaner, Menius in
Eisenach, eine Anzahl anderer angesehener Geistlicher, und vor allem
auch Laien aus dem Adels= und Gelehrtenstand übten die Visitation
aus, nachdem man sich in einzelnen Kommissionen in die Arbeit geteilt
hatte. Die Visitation nahm die Jahre 1527 bis 1529 in Anspruch.
Die Ergebnisse waren keineswegs ermutigend. An vielen Orten hatten
sich gänzlich ungelehrte Leute, Handwerker, wie Buchbinder und Buch-
drucker, aber auch Schuster und Schneider des Predigtamtes bemächtigt
oder traten mit Bewerbungen um ein solches Amt auf Grund ihrer
Bibelkenntnis und des Bedürfnisses, diese den anderen mitzuteilen, auf.
Man darf sich darüber nach den Münzerschen und Bodensteinschen
Unterweisungen nicht wundern und muß ferner in Betracht ziehen, daß
auch die niedere Geistlichkeit der alten Kirche eine grenzenlose Unwissen=
heitzeigte; die Vorbildung für die Amter der Kirche konnte selbstverständlich
so wie so erst langsam vor sich gehen und den Bedarf erst allmählich
decken. Im allgemeinen muß nochmals darauf hingewiesen werden, daß
die Neugestaltung der Kirche von den Territorialgewalten in die Hand
genommen und durchgeführt wurde. Eine Neuordnung von Reichs wegen
war eben seit dem speierer Reichstagsabschied ausgeschlossen; die parti-
kularen Bedürfnisse fanden auch auf kirchlichem Gebiele ihre Rechnung.