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falls lautete das Ausschreiben vom 21. Januar 1530 zu dem am
8. April selben Jahres zu eröffnenden Reichstage verhältnismäßig
milde und versöhnlich. So wurde darin verheißen: „Es sollte eines
jeden Opinion, Gutdünken und Meinung in Liebe und Gütigkeit
gehört und erwogen, und alles, so zu beiden Teilen nicht recht aus-
gelegt oder abgehandelt, abgethan werden.“ Das war die Sprache,
mit der ein gelehriger Schüler Machhiavellis den Luther, Melanch-
thon u. s. w. lieblich zu Ohren singen und sie in ihrer weltunkundigen
Überzeugung von der höchstens durch schlechte Ratgeber und die Pfaffen
getrübten Güte des „jungen Blutes“, des „lieben, frommen, unschuldigen
Kaisers“ bestärken konnte. „Von italienischer Treulosigkeit sei er weit
entfernt“, schreibt Justus Jonas. Damit in Übereinstimmung war Kur-
fürst Johann sehr geneigt, der Forderung des Kaisers zu entsprechen und.
persönlich, wie jener es von allen protestantischen Fürsten wünschte, zu
erscheinen, forderte auch, trotz mancher entgegenstehenden Bedenklichkeiten
des Hessen, diesen dazu auf. Um dem Kaiser auch eine Ansicht von dem
eigentlichen Stande der protestantischen Lehre zu geben, arbeiteten die
Theologen die schwabacher Artikel um in die torgauer Artikel. Der
ganze theologische Stab begleitete Johann nach Augsburg: Melanch-
thon, Spalatin, Jonas; Luther wenigstens bis Koburg, denn den annoch.
Gebannten und Geächteten konnte man nicht wohl dem Kaiser unter
die Augen bringen. Auch der Kurprinz Johann Friedrich ging mit
nach Augsburg. Aber bald kamen doch Enttäuschungen und Warnungen
recht sonderbarer Art. Daß den Kaiser die bisher mit ihm verfein-
deten Bayernherzöge, vor allem aber Herzog Georg, schon in Innsbruck
begrüßten, daß der Neffe Johanns, der vertriebene Christian II. von
Dänemark, der wie die standhaftere Schwester lutherisch geworden war,
zum Katholizismus zurücktrat, daß vor allem der Kaiser ungebührlich
zu Innsbruck auf sich warten ließ, während Johann als der Erste
eingeritten war zu Augsburg, daß König Ferdinand die schon seit
einiger Zeit gepflogenen Unterhandlungen offenbar zwecklos in die Länge
zog, daß der Kaiser den Kurfürsten durch eine Gesandtschaft freundlichst
nach Innsbruck zu Verhandlungen einladen, durch eine andere aber
ihm das Predigen seiner mitgebrachten Geistlichen verbieten ließ, das
mußte auch auf den loyalen Johann einen erkältenden Eindruck machen.
Ein Glück, daß der bei ihm in großem Einflusse stehende Kanzler