Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. I. Band, 2. Abteilung. Von der Landesteilung von 1382 bis zum Übergange der Kurwürde an die Albertiner (1547). (2)

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Brück die nötige Energie entfaltete und daß der Kaiser in manchen, 
ihm wahrscheinlich gleichgültig erscheinenden Dingen zu weit gegangen 
war. Gerade jene Untersagung der evangelischen Predigt, ehe ein 
Konzil endgültig entschieden, fand den Kurfürsten auf demselben halb 
formellen, halb materiellen Rechtsboden wie seinen verstorbenen Bruder; 
auch dieser habe das wormser Edikt nie angenommen; Bündnisse, wie 
man sie ihm vorwerfe, seien nur durch gegnerische Drohungen hervor- 
gerufen worden; er lehne darum ab, nach Innsbruck zu kommen. 
Am 15. Juni gegen Abend ritt, von München kommend, Kaiser 
Karl V., aufs feierlichste und prächtigste von den Fürsten und Herren 
eingeholt, in Augsburg ein. Zum letztenmal trug ihm hier, zu 
Roß neben seinem grollenden Nachbar Joachim sitzend, das Reichs- 
schwert Kurfürst Hans voran. Er hatte sich übrigens eben vorher 
in seiner „beständigen“ Art bemerklich gemacht, indem er allein aufrecht 
stehen geblieben war, als die Mitkurfürsten sich vor dem „segen- 
spendenden Handschuh“ des den Kaiser begleitenden päpstlichen Legaten 
in die Kniee sinken ließen. In der Kirche zu St. Leonhard war der 
ganze Fürstenzug nochmals zu einem Tedeum und zur Einsegnung 
des Kaisers vereinigt. Darnach ließ der Kaiser den Kurfürsten von 
Sachsen, den Markgrafen Georg, den Herzog Franz von Lüneburg 
und Landgrafen Philipp in ein besonderes Zimmer rufen; sein Bruder 
machte den Dolmetsch, da sich ja dieser „nationale“" Kaiser noch nicht 
mit seinen Fürsten in ihrer Sprache zu verständigen gelernt hatte. Er 
ließ sie kurzer Hand auffordern, die Predigten nunmehr abzustellen. 
Zunächst antwortete der Landgraf, in seiner Art scheinbar diplomatisch 
ausweichend: man predige ja gar nichts anderes, als was der heilige 
Augustinus auch lehre, eine Antwort, die dem Kaiser das Blüut ins 
Gesicht steigen ließ. Damals hat er wohl zuerst jenen mit nieder- 
ländischer und spanischer Zähigkeit festgehaltenen Groll gegen den 
kecken Hessen gefaßt, der ihm mit überlegener Ironie zu begegnen 
wagte. So wiederholte er seine Forderung. Da aber rief ihm der 
alte Markgraf Georg von Brandenburg-Jägerndorf zu: „Herr, ehe ich 
von Gottes Wort abstünde, wollte ich lieber auf dieser Stelle nieder- 
knieen und mir den Kopf abhauen lassen!“ Was sprach der Mann 
da für eine eigentümliche Sprache? König Ferdinand übersetzte es, 
und dem Kaiser begegnete doch auch in der Übersetzung der elemen-
	        
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