— 1150 —
Brück die nötige Energie entfaltete und daß der Kaiser in manchen,
ihm wahrscheinlich gleichgültig erscheinenden Dingen zu weit gegangen
war. Gerade jene Untersagung der evangelischen Predigt, ehe ein
Konzil endgültig entschieden, fand den Kurfürsten auf demselben halb
formellen, halb materiellen Rechtsboden wie seinen verstorbenen Bruder;
auch dieser habe das wormser Edikt nie angenommen; Bündnisse, wie
man sie ihm vorwerfe, seien nur durch gegnerische Drohungen hervor-
gerufen worden; er lehne darum ab, nach Innsbruck zu kommen.
Am 15. Juni gegen Abend ritt, von München kommend, Kaiser
Karl V., aufs feierlichste und prächtigste von den Fürsten und Herren
eingeholt, in Augsburg ein. Zum letztenmal trug ihm hier, zu
Roß neben seinem grollenden Nachbar Joachim sitzend, das Reichs-
schwert Kurfürst Hans voran. Er hatte sich übrigens eben vorher
in seiner „beständigen“ Art bemerklich gemacht, indem er allein aufrecht
stehen geblieben war, als die Mitkurfürsten sich vor dem „segen-
spendenden Handschuh“ des den Kaiser begleitenden päpstlichen Legaten
in die Kniee sinken ließen. In der Kirche zu St. Leonhard war der
ganze Fürstenzug nochmals zu einem Tedeum und zur Einsegnung
des Kaisers vereinigt. Darnach ließ der Kaiser den Kurfürsten von
Sachsen, den Markgrafen Georg, den Herzog Franz von Lüneburg
und Landgrafen Philipp in ein besonderes Zimmer rufen; sein Bruder
machte den Dolmetsch, da sich ja dieser „nationale“" Kaiser noch nicht
mit seinen Fürsten in ihrer Sprache zu verständigen gelernt hatte. Er
ließ sie kurzer Hand auffordern, die Predigten nunmehr abzustellen.
Zunächst antwortete der Landgraf, in seiner Art scheinbar diplomatisch
ausweichend: man predige ja gar nichts anderes, als was der heilige
Augustinus auch lehre, eine Antwort, die dem Kaiser das Blüut ins
Gesicht steigen ließ. Damals hat er wohl zuerst jenen mit nieder-
ländischer und spanischer Zähigkeit festgehaltenen Groll gegen den
kecken Hessen gefaßt, der ihm mit überlegener Ironie zu begegnen
wagte. So wiederholte er seine Forderung. Da aber rief ihm der
alte Markgraf Georg von Brandenburg-Jägerndorf zu: „Herr, ehe ich
von Gottes Wort abstünde, wollte ich lieber auf dieser Stelle nieder-
knieen und mir den Kopf abhauen lassen!“ Was sprach der Mann
da für eine eigentümliche Sprache? König Ferdinand übersetzte es,
und dem Kaiser begegnete doch auch in der Übersetzung der elemen-