Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. I. Band, 2. Abteilung. Von der Landesteilung von 1382 bis zum Übergange der Kurwürde an die Albertiner (1547). (2)

— 1169 — 
Kirchenordnung bis zu dem kommenden Konzil. Dann aber, und das 
war das Wichtigste, machte er den Landgrafen vom Bunde in dieser 
Frage abtrünnig, indem er sich verbindlich machte, falls der Kaiser Jülich 
bekämpfen würde, das Schwert nicht wider den Herzog zu ziehen, noch 
auch sich mit Frankreich verständigen zu wollen. Die Ursache zu diesem 
Verrat lag in einer durchaus persönlichen Leidenschaft des Landgrafen; 
von seiner Gattin, der Tochter des Herzogs Georg, fühlte er sich nicht 
mehr gefesselt. Er hatte sich infolgedessen oft genug auf Abwegen 
befunden, sie aber ernsilich bereut und dachte nun auf eine Abhilfe, 
bei der sich sein Gewissen beruhigen könnte. Als Kenner der Bibel 
wußte er, daß das alte Testament Beispiele genug einer Vielehe 
aufwies und daß das neue Testament sich wenigstens nicht dagegen 
aussprach. Er wandte sich darum schon 1526 an Luther, der die Poly- 
gamie zwar für schriftgemäß erklärte, sie aber widerriet. In ähnlicher 
Weise urteilten die wittenberger Theologen, als sich Heinrich VIII. 
von England an sie wegen seiner beabsichtigten Ehe mit Anna Boleyn 
gewandt hatte. 1539 hatte Philipp die Sache erneut angeregt, nachdem 
sein Augenmerk auf Margaretha von der Saal, ein Hoffräulein seiner 
Schwester, der Herzogin von Rochlitz, gefallen war. Es gelang ihm, 
die Zustimmung Butzers und dann der Wittenberger, sogar des Kur- 
fürsten zu erlangen. Nur machte man aus, daß die Sache geheim 
bleiben solle, denn sie sollte nur als eine für diesen einen Fall gewährte 
Dispensation von der sonst allerseits zu beobachtenden Regel angesehen 
werden. So fand am 4. März 1540 die Trauung des Landgrafen, 
in die sogar seine Gemahlin eingewilligt hatte, zu Rotenburg statt im 
Beisein Butzers, Melanchthons und eines kursächsischen Rates. Diese 
seltsame Angelegenheit blieb aber nicht geheim, um so weniger, als 
Philipp sich keine Mühe gab, sie geheim zu halten. Da war nun das 
öffentliche Argernis groß. Die Wittenberger aber, und vor allem der 
Kurfürst, auf die und den sich Philipp berief wollten nun von allem 
nichts wissen und leugneten einfach ihre Anteilnahme an dem bösen 
Handel ab. Der hierdurch erbitterte Landgraf vergaß darüber alle 
politische Einsicht und warf sich, wütend über die Ableugnung der 
Wittenberger, dem Kaiser in die Arme. Welche Folgen hatte dieser 
Schritt! Damals stand ein Bündnis mit Frankreich vor der Thür, 
und Johann Friedrich, der übrigens in demonstrativer Beise vom 
Sturmöcoefel, Geschichte der sächsischen Lande.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.