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Kirchenordnung bis zu dem kommenden Konzil. Dann aber, und das
war das Wichtigste, machte er den Landgrafen vom Bunde in dieser
Frage abtrünnig, indem er sich verbindlich machte, falls der Kaiser Jülich
bekämpfen würde, das Schwert nicht wider den Herzog zu ziehen, noch
auch sich mit Frankreich verständigen zu wollen. Die Ursache zu diesem
Verrat lag in einer durchaus persönlichen Leidenschaft des Landgrafen;
von seiner Gattin, der Tochter des Herzogs Georg, fühlte er sich nicht
mehr gefesselt. Er hatte sich infolgedessen oft genug auf Abwegen
befunden, sie aber ernsilich bereut und dachte nun auf eine Abhilfe,
bei der sich sein Gewissen beruhigen könnte. Als Kenner der Bibel
wußte er, daß das alte Testament Beispiele genug einer Vielehe
aufwies und daß das neue Testament sich wenigstens nicht dagegen
aussprach. Er wandte sich darum schon 1526 an Luther, der die Poly-
gamie zwar für schriftgemäß erklärte, sie aber widerriet. In ähnlicher
Weise urteilten die wittenberger Theologen, als sich Heinrich VIII.
von England an sie wegen seiner beabsichtigten Ehe mit Anna Boleyn
gewandt hatte. 1539 hatte Philipp die Sache erneut angeregt, nachdem
sein Augenmerk auf Margaretha von der Saal, ein Hoffräulein seiner
Schwester, der Herzogin von Rochlitz, gefallen war. Es gelang ihm,
die Zustimmung Butzers und dann der Wittenberger, sogar des Kur-
fürsten zu erlangen. Nur machte man aus, daß die Sache geheim
bleiben solle, denn sie sollte nur als eine für diesen einen Fall gewährte
Dispensation von der sonst allerseits zu beobachtenden Regel angesehen
werden. So fand am 4. März 1540 die Trauung des Landgrafen,
in die sogar seine Gemahlin eingewilligt hatte, zu Rotenburg statt im
Beisein Butzers, Melanchthons und eines kursächsischen Rates. Diese
seltsame Angelegenheit blieb aber nicht geheim, um so weniger, als
Philipp sich keine Mühe gab, sie geheim zu halten. Da war nun das
öffentliche Argernis groß. Die Wittenberger aber, und vor allem der
Kurfürst, auf die und den sich Philipp berief wollten nun von allem
nichts wissen und leugneten einfach ihre Anteilnahme an dem bösen
Handel ab. Der hierdurch erbitterte Landgraf vergaß darüber alle
politische Einsicht und warf sich, wütend über die Ableugnung der
Wittenberger, dem Kaiser in die Arme. Welche Folgen hatte dieser
Schritt! Damals stand ein Bündnis mit Frankreich vor der Thür,
und Johann Friedrich, der übrigens in demonstrativer Beise vom
Sturmöcoefel, Geschichte der sächsischen Lande.