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es sich gar nicht so sehr, als darum, daß man katholischer= wie pro-
testantischerseits die fürstliche Libertät zu hoch schätze und allein darnach
seine Handlungsweise einrichte.
Wenn nun trotz alledem in diesem Augenblicke der Protestantismus
seine gesamten Kräfte hätte zusammenfassen wollen und können, so würde
ihm zweifellos der Sieg geblieben sein. Aber auch diese zum zweiten
Male gebotene günstige Gelegenheit wurde von den evangelischen Fürsten
nicht ausgenutzt. Noch im Jahre 1542 war Regensburg zur Refor-
mation übergetreten, bald der Pfalzgraf Otto Heinrich von Neuburg
gefolgt; in Köln ließ sich der Erzbischof Hermann von Wied, der
schon seit 1515 seines Amtes waltete, durch Butzer eine vermittelnde
Reformation ausarbeiten, sein Suffragan, der Bischof von Münster,
Minden und Osnabrück, war bereit, seinen Spuren zu folgen, Herzog
Wilhelm von Jülich-Cleve nahm das Abendmahl unter beiderlei Gestalt
— aber nun waren die Städte, die am Bunde teilnahmen, eifersüchtig
und mißtrauisch gegen die überwiegende Gewalt der Fürsten; Luther
wollte nichts von dem „langen und großen Gewäsche“ des „Klapper-
mauls“ Butzer wissen, und vor allem: der schlimmste Wurm, der an
dem Ganzen nagte, war doch jener regensburger Vertrag von 1541,
jener Vertrag des Landgrafen mit Habsburg betreffend die jülich-clevesche
Angelegenheit. Auf dem Reichstag zu Nürnberg, der im Jannar 1543
zusammentrat, konnten die Protestanten zwar manche Zugeständnisse
bei der noch immer andauernden Zwangslage der Reichsoberhäupter
ertrotzen, aber es waren immerhin nur Zugeständnisse, auf Zeit. Und
gerade während dieser Verhandlungen beantragte Herzog Wilhelm von
Jülich seine Aufnahme in den Bund und sah sich abgewiesen; gerade
hier ließ Moritz, der persönlich als vorsichtiger Mann nicht erschienen
war, durch seinen Christoph von Carlowitz mit Granvella über seinen An-
schluß an die kaiserliche Politik verhandeln. Bescheiden waren seine
Forderungen nicht zu nennen: er verlangte die Vogtei über die Stifter
Magdeburg und Halberstadt und den erblichen Besitz von Meißen und
Merseburg. Granvella war freigebig mit Versprechungen, aber auch
Moritz verpflichtete sich ohne Gegenleistung zu nichts. Als dann im
Juni 1543 von den Verbündeten ein Tag zu Schmalkalden angesetzt
war, kam er nicht selbst, war aber erbötig, ihn durch einige seiner
Theologen zu beschicken. Man erkennt unschwer eine gewisse Ironie in