— 1181 —
Noch that der Kaiser nicht den letzten und entscheidenden Schritt
gemäß seiner mit den Jahren immer abwägender und vorsichtiger
werdenden Natur, namentlich wohl auch, um durch das Dunkel, das
über seinen Entschlüssen schwebte, den Papst zu ängstigen und sich ge-
sügig zu erhalten. In protestantischen Kreisen traute man ihm aller-
dings wenig oder gar nicht mehr. Denn man kam allgemach doch hinter
das Geheimnis dieser kaiserlichen Politik, ahnungsweise am kursächsischen
Hofe, mit voller Gewißheit am landgräflichen. Gerade aber jetzt wuchs
die Sache des Protestantismus zusehends. Ein Versuch Heinrichs von
Braunschweig, sein Land mit Waffengewalt zurückzuerobern, schlug fehl;
er wurde im Oktober 1545 von den Schmalkaldern überwältigt und
samt seinem Sohne in hessische Gefangenschaft abgeführt. Im gleichen
Jahre vollzog sich die von langer Hand vorbereitete Reformation im
Bistum Merseburg, das Moritzens Bruder August beschlagnahmte und
sich den seiner Zeit schon für Naumburg-Zeitz in Aussicht genommenen
Georg von Anhalt zum Koadjutor und evangelischen Bischof annahm.
Ferner empfing Pfalzgraf Friedrich II., der seinem Bruder Ludwig 1544
in der Kurwürde gefolgt war, im Januar 1546 zu Heidelberg das
Abendmahl unter beiderlei Gestalt. Aber der Bund machte sich solche
Vorteile, die ein günstiges Geschick ihm geradezu in den Schoß warf,
nicht zu nutze. Es fehlte an einer Zentralleitung, der die anderen
unbedingt folgten. Ein Vorschlag, den im März 1545 Moritz an den
Bund brachte, den Bund aufzulösen und an seine Stelle einen engeren
Verein Hessens, Kursachsens und des albertinischen Sachsens zu setzen,
führte bloß zu einer Zusammenkunft der Vettern und „zu einem großen
überschwänglichen Saufen", aber zu keinem greifbaren Ergebnis; ebenso
erweckte Butzers vorher gemachter Vorschlag, die Leitung des Bundes
einem Diktator in die Hand zu geben, womit natürlich der Landgraf
gemeint war, nirgends Gegenliebe. Und doch war eine Neuorgani-
sation des Bundes dringend geboten, da er in allen Fugen zu
knacken begann. Mit der Gefangenhaltung des Braunschweigers durch
den Landgrafen, der sich übrigens in Braunschweig als Landesherrn
huldigen ließ, war man zunächst am kursächsischen Hofe nicht recht ein-
verstanden; aber auch des Gefangenen Schwiegersohn, Herzog Hans von
Küstrin, der jüngere Bruder des brandenburger Kurfürsten Joachim II.,
löste eben wegen dieser Gefangenhaltung seine Beziehungen zum schmal-