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diesem unter der Blume verlangt worden war, das wurde durch den
Vertrag vom 19. Oktober formell zugestanden: die Kurwürde und die
Lande des Vetters, letztere, mit Ausnahme des noch immer als böh-
misches Lehen betrachteten Vogtlandes, sollten au Moritz fallen, wenn
er die Acht an Johann Friedrich vollstrecken wolle. Vorher waren zwei
Landtage zu Freiberg gegangen, auf denen, wie auf einem zu Chemnitz
abgehaltenen, der Herzog alle Hebel in Bewegung hatte setzen müssen,
um die Stände glauben zu machen, daß ohne sein Dazwischentreten
und die Achtvollstreckung die sächsischen Lande dem Hause Wettin un-
widerbringlich verloren gehen und der von ihm selbst auf alle Fälle fest-
gehaltene Glaube vergewaltigt werden würde. Auch ließ er durchblicken,
daß die kursächsischen Lande, wenn sich nur der Kurfürst mit dem
Kaiser vertragen wolle, diesem wieder zugethan werden würden.
Der verhängnisvolle Vertrag wurde vom Kaiser am 27. Oktober
genehmigt; er konnte übrigens gar nicht anders, wenn er sich aus
seiner mit jedem Tage furchtbarer werdenden Lage retten wollte. Am
selben Tage erließ Moritz seinen Fehdebrief an den Vetter, zu gleicher
Zeit aber auch eine Erklärung an dessen und seine Unterthanen, daß
der Religion damit keinerlei Abbruch geschehen solle. Zweifellos lag
in den Versicherungen des Herzogs eine gewisse Wahrheit, aber eben
nur, wenn man mit ihm seinen einmal gewählten Standpunkt teilen
wollte; als ehrlicher Verbündeter der Schmalkalder — wer weiß, was
er da für merkwürdige Umgestaltungen herbeigeführt hätte, die ihm
schließlich auch den brennenden Ehrgeiz befricdigt hätten.
Ende Oktober brach König Ferdinand in das Vogtland ein; binnen
sechs Tagen nach diesem Einmarsch war laut prager Vertrags Moritz
gehalten, ebenfalls Farbe zu bekennen. Ohne vielen Widerstand zu
finden, nahm er die Lande des Vetters in Besitz. Kein Wunder
schließlich, denn hatte doch der Kurfürst vor seinem Wegzuge Gemahlin
und Kinder angewiesen, sich ja in jeder Gefahr und Verlegenheit an
Herzog Moritz zu wenden. Die letzten Verhandlungen mit Ferdinand
aber, die das dadurch erzeugte Vertrauen hätten schädigen können,
waren seit dem 30. September so rasch erledigt worden, daß bei den
damaligen Verkehrsverhältnissen selbst die maßgebenden Persönlichkeiten
nicht überall zuverlässige Kunde haben konnten. Im Lager von Giengen
verursachte die Botschaft von dem Treubruche Moritzens natürlich die