— 1197 —
Zahl war nicht zureichend, und das naive Gottvertrauen des Kur-
fürsten schien Recht behalten zu wollen. Da aber fand sich ein Müller-
bursche aus Mühlberg, also kein Unterthan des Kurfürsten, und wies
den Kaiserlichen eine Furt durch den Strom, die er vorher auf seinem
Eselchen schon passiert hatte. Und hier setzten 4000 spanische Reiter
über; ihnen voran Herzog Moritz, dann Karl, den derselbe Kampfes-
eifer belebte wie damals, als er, auch von Gicht geplagt, von Tunis
aus an seine Schwester schrieb: „Gott hat mir ein gut Pflaster ge-
geben, um mich ganz zu heilen“; bis an den Sattel trotteten die Pferde
im Wasser. Und als er dann auf dem Blachfeld ritt auf seinem
Andalusierhengste, mit der burgundischen Feldbinde umgethan und die
angriffbereite Lanze eingelegt, da scheint er mit der vorgestreckten Unter-
kiefer, die uns auf dem Gemälde Tizians im madrider Pradomuseum
zum erstenmal nicht so abschreckend wie auf anderen Bildern vorkommt,
den so lange ersehnten Sieg erraffen zu wollen. — Da Nebel den
Übergang der Spanier verbarg, dann aber die Brücke fertiggestellt
wurde und, was nicht geringen Eindruck machte, dreiste Söldner Karls
den Fluß, das Schwert zwischen den Zähnen, durchschwammen, so ord-
nete der aus seiner Andacht gestörte Kurfürst den Rückzug an, und zwar
zunächst auf Falkenberg. Aber der Rückzug gestaltete sich in der vierten
Nachmittagsstunde zu einem zwei Meilen abwärts von Mühlberg sich
anspinnenden Gefecht. Hier nahm an einer Waldspitze des lochauer
Reviers die kurfürstliche Reiterei, während sich das Fußvolk hinter
ihr ordnete, den Kampf auf. Wie schon so oft vorher, erwies sich die
leichte Reiterei des Kaisers, oder vielmehr Ferdinands slawische Reiter-
scharen, der schweren Reiterei Johann Friedrichs überlegen. Diese
wandte sich zur Flucht und brachte dadurch die hinter ihr formierte
Infanterie in Unordnung. Wenngleich diese sich tapfer zur Wehr setzte,
so wurde doch auch sie von der Übermacht ins Weichen gebracht. Der
Kurfürst mit wenigen Leuten, unter denen Herzog Ernst von Braun-
schweig-Grubenhagen war, war unter den letzten, die das Feld verließen.
Einige Husaren Ferdinands holten sie ein. Der Kurfürst kreuzte mit
einem von ihnen das Schwert und erhielt einen Hieb über die linke
Backe und einen Stich in den Hals. Italienische Reiter jagten heran;
der beleibte Herr auf seinem unbehilflichen Friesenhengste schien ihnen
sichere Beute. Zum Glück kam ein sächsischer Ritter, Thilo von Trotha,