— 1198 —
dazu, der den Kurfürsten kannte. „Einem Deutschen ergeb' ich mich,“
sagte der Kurfürst und übergab ihm eine goldene Kette und ein paar
Ringe. Aber ein italienischer Offizier schob den Deutschen auf die
Seite und geleitete den Gefangenen, dem er statt des Helmes seinen
Hut gab, zum Kaiser. Dieser hielt eine größere Strecke rückwärts mit
seinem Bruder und zahlreichem Gefolge. Es war gegen Sonnen=
untergang, als Johann Friedrich herangeritten kam. Er wollte ab-
steigen und dem Kaiser die Hand reichen. Dieser aber winkte ihm,
sitzen zu bleiben. So nahm der Kurfürst den Hut ab und begann:
„Gnädigster Kaiser und Herr!“ —",Ja, ja, bin ich nun Euer gnädigster
Kaiser?“ fiel ihm der Kaiser ins Wort und warf ihm vor, wie er ihn
und seine Kinder habe verjagen und in Armut bringen wollen. „Ihr
seid ein feiner Mann,“ fügte er hinzu. „Ich bin Euer römischen
Kaiserlichen Majestät Gefangener“, entgegnete der Kurfürst, „und bitte
Ew. Kaiserliche Majestät um ein fürstlich Gefängnis.“ „Ja, wie Ihr
verdient habt,“ herrschte ihn der Kaiser an und wandte ihm den Rücken.
„Führt ihn hin!“ wandte er sich dann an das Gefolge, „wir wissen
uns wohl zu halten!“ Alonzo de Vives, ein Spanier, erhielt den
Gefangenen zur Obhut zugeteilt.
Am 26. April ging Torgau ohne Gegenwehr über. Dagegen
hielt sich das wohlbewehrte Wittenberg, wohin sich der Kurprinz mit
der Kurfürstin Sibylla geflüchtet hatte, um so eher, als es Karl an
Belagerungsgeschütz fehlte. Da alle Zumutungen, namentlich auch
religiöser Art, von Johann Friedrich abgelehnt wurden, so versuchte
es der Kaiser mit einem Schreckmittel, an das er wohl selbst nicht
recht glaubte, ganz abgesehen von dessen vollendeter Rechtswidrigkeit.
Er ließ unter dem Vorsitze des Herzogs von Alba ein Kriegsgericht
zusammentreten und über Johann Friedrich am 10. Mai das Todes-
urteil aussprechen. Als dem Kurfürsten dies Urteil übermittelt wurde,
saß er gerade mit Herzog Ernst, seinem Mitgefangenen, beim Schach.
Er hörte die Sentenz ruhig an und sagte dann gleichmütig zu
seinem Partner: „Spielen wir weiter!" — Der Kaiser konnte schon
aus Nützlichkeitsrücksichten nicht an die Vollstreckung des Urteils
denken; schwerlich würde auch Moritz etwas derartiges zugelassen
haben. Aber das regensburger Programm mußte nunmehr durch-
geführt werden. Dies geschah in der am 19. Mai 1547 unter-