Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. I. Band, 2. Abteilung. Von der Landesteilung von 1382 bis zum Übergange der Kurwürde an die Albertiner (1547). (2)

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200 000, allerdings wohl kaum ganz glaubwürdig, angegeben wird, in 
eiligstem Laufe davonrannten. So sah sich auch Friedrich genötigt, 
die gewonnenen Stellungen wieder aufzugeben und sich hinter den 
schützenden Kamm des Erzgebirges zurückzuziehen. In Anerkennung 
seiner Verdienste verlieh Martin V. Friedrich für seine Unterthanen 
das Recht, in geistlichen Dingen nicht nach fremden Sprengeln „evociert“ 
oder vorgeladen zu werden, auch nicht unmittelbar von einer außer- 
halb der meißnischen Lande sitzenden geistlichen Behörde mit Bann 
oder Interdikt belegt zu werden. Schon Wilhelm hatte 1399, wie 
erzählt wurde, Meißen gegenüber Prag und Magdeburg fast voll- 
kommene Selbständigkeit verschafft, dabei auch für sich und seine Nach- 
folger das Recht erhalten, vier Domherrenstellen beim meißner Kapitel 
zu besetzen. Jetzt erhielt Friedrich der Streitbare von dem genannten 
Papste das Recht, noch drei weitere Stellen zur Besetzung präsentieren 
zu dürfen. 
Noch in anderer Weise wurde der Kampf gegen die böhmische 
Ketzerei von Friedrich geführt. Sämtliche über zwölf Jahre alte und 
mit vernünftigen Sinnen begabten Unterthanen in Meißen und Thü- 
ringen sollten einen Religionseid ablegen zur Bekräftigung ihrer katho- 
lischen Gesinnung; derselbe Eid wurde in der Lausitz abgenommen und 
in den Gebieten der mit Friedrich verbündeten Kurfürsten. Man hoffte 
wohl damit auch politischen Ketzereien zu begegnen. Denn das Bei- 
spiel der ausständischen und sieghaften böhmischen Bauern konnte leicht 
auf den deutschen Bauer einwirken, der sich fast allenthalben in einer 
gedrückten Lage befand, und eine gefährliche soziale Revolution hervor- 
rufen. Wenn freilich dieser Religionseid keinen Rückhalt an kraftvollen 
Rüstungen erhielt, so vermochte er wenig Nutzen zu bringen. Mit 
deren Betreiben zeigte man aber trotz aller drohenden Gefahr nirgends 
große Eile. Sigismund, der Ende 1421 siegend in Mähren und 
Böhmen vorgedrungen war und Kuttenberg wieder eingenommen hatte, 
war am 6. Januar 1422 von Ziska bei Deutsch-Brod vernichtend 
geschlagen und durch Mähren bis nach Ssterreich hinein verfolgt 
worden. Er berief nun einen Reichstag nach Nürnberg, um dort eine 
Reichsmatrikel für die kriegerischen Leistungen der einzelnen Stände 
gegen die Hussiten festsetzen zu lassen. Die wettinischen Fürsten wurden 
dabei nicht mit erwähnt, ohne Zweifel, weil man bei ihrer Lage auch
	        
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