Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 1. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1500 bis 1815. (3)

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sollte. Das leuchtete dem Kurfürsten ein und nun durchzog die 
von ihm beauftragte Kommission, Andreä, Selnecker und der recht- 
glänbige Superintendent von Wittenberg, Polykarp Leyser, von 
Wittenberg aus alle bedeutenderen Städte der kurfürstlichen und der 
des Kurfürsten Administration unterstellten Lande, versammelte 
dort die Geistlichen und die Schullehrer der benachbarten kleineren 
Ortschaften, ließ die neue Glaubensformel vorlesen und forderte 
alle, die nichts dawider vorzubringen hätten, zur Unterschrift auf. 
Da man recht wohl wußte, was mit der Verweigerung der Unter- 
schrift verbunden war, so unterzeichnete man ohne langes Be- 
sinnen und Prüfen. Ein damals weitverbreitetes Spottbild legt 
einer geängsteten Pfarrersfrau das Verslein in den Mund: 
Schreibt, lieber Herre, schreibt, 
Damit Ihr auf der Pfarre bleibt. 
Die neue Bekenntnisformel fand auf das Bemühen Kur- 
sachsens hin Annahme bei Brandenburg, Braunschweig, Olden- 
burg, Mecklenburg, Württemberg und vielen Reichsstädten. Am 
50. Jahrestage der Übergabe der Augsburger Konfession, am 
25. Inni 1580 wurde sie zu Dresden mit den Unterschriften 
von 86 evangelischen Reichsständen versehen als die Formula 
Concordiae veröffentlicht. Aber den Namen einer „Eintrachts- 
formel“ verdiente sie darum noch lange nicht. Abgesehen davon, 
daß sie in vielen namhaften Gebieten Deutschlands Widerspruch 
fand, war das schroffe Verdammungsurteil, das sie über die An- 
hänger Melanchthons, über Zwinglianer, Calvinisten u. a. „Sakra- 
mentsschänder“ aussprach, nur zu geeignet, einen nicht über- 
brückbaren Riß in der evangelischen Kirche zu schaffen. 
Ganz natürlich hing mit diesen Vorgängen eine Entfrem- 
dung gegenüber der Pfalz zusammen, die ebenso natürlich eine 
Annäherung, an das an sich befreundete Kaiserhaus zur Folge 
hatte. Diese ungesunde Politik zeigte sich schon in manchen Vor- 
gängen vor der kryptocalvinistischen Katastrophe. Friedrich 1II. 
von der Pfalz schwebte ein Bund aller evangelischen Mächte vor, 
zur Bekämpfung des Katholizismus nicht nur im Innern Deutsch- 
lands, sondern auch im Ausland, wie in Frankreich durch die 
Unterstützung der Hugenotten gegen die Guisen und die Regie-
	        
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