Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 1. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1500 bis 1815. (3)

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Gerichte bevorzugte, findet seine Erklärung in der politischen Seite 
der Sache. Man erhob die Klage, daß Crell durch seine Maß- 
nahmen den gemeinen Frieden des Reiches und vor allem den 
Bestand des Hauses Österreich habe „turbieren“ wollen, und daß 
er jene Sachsen mit der Pfalz und Frankreich verknüpfende 
Politik völlig ohne Vorwissen seines Herrn oder mit dessen Täu- 
schung getrieben habe. Der Prager Appellhof fand demgemäß, daß 
der Beklagte durch solches Verschulden „sein Leib und Leben ver- 
würket und also, andern zum Abscheu, mit dem Schwerte gerecht- 
fertigt werden sollte“. Am 22. September 1601 wurde dieses 
in jeder Beziehung anfechtbare Urteil dem nun schon zehn Jahre 
in Gefangenschaft lebenden Manne mitgeteilt, der, gerechtester 
Entrüstung voll, eine „Läuterungsschrift“ abfaßte, die ihm frei- 
lich wenig nützen sollte. Am 23. September legte als an dem 
Tage der Mündigwerdung Christians II. der Administrator seine 
Verwaltung nieder. Es war die erste Regierungshandlung des 
neuen Kurfürsten, daß er das Urteil gegen Crell bestätigte. 
Am 5. Oktober nahm Christian II. die Huldigung entgegen; 
am nämlichen Tage wurde Crell vom Königstein nach der Ge- 
richtsstube des Dresdener Rathauses verbracht und dort drei Tage 
lang von den Geistlichen, unter denen sich Nikolaus Blume, der 
Pfarrer von Dohna befand, auf seine calvinischen Sünden be- 
arbeitet; hierbei hätten, nach dem Berichte des Gottesmannes, 
er und seine Kollegen des Lammes Hörner abgenommen und da- 
gegen Mosis Hörner aufgesetzet. Dann wurde Crell vor das 
hochnotpeinliche Halsgericht gebracht und von diesem ohne weiteres 
der Stab über ihn gebrochen. Alsdann wurde unter Beiseitelassung 
aller sonstigen Formalitäten der gichtbrüchige Mann auf seinem 
Stuhle nach dem auf dem Jüdenhofe errichteten Blutgerüste ge- 
tragen. Nach einem kurzen Gebete des Unglücklichen waltete der 
Scharfrichter Pols seines Amtes und rief nach vollstrecktem Ur- 
teile: „Das ist ein calvinischer Streich! Seine Tafelgesellen mögen 
sich wohl fürsehen, denn man schont allhier keinen!“ Auf dem 
heute noch erhaltenen Richtschwert hat der Mann eingravieren 
lassen: Conradus pols Caye Calviniane. D. N. C. (hüte dich, 
Caloinist. Doktor Nikolaus Crell). Während Kurfürst Christian I.
	        
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