Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 1. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1500 bis 1815. (3)

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beiden Linien gewählt wurden, nämlich vier der Ritterschaft An- 
gehörige, vier Schriftsassen und vier gelehrte Doktores, zu denen 
dann die beiden Präsidenten hinzutraten. Das Gericht kam jähr- 
lich mindestens viermal auf zehn Tage abwechselnd in Leipzig 
für das albertinische, in Altenburg für das ernestinische Sachsen 
zusammen unter dem jeweiligen Vorsitze des albertinischen oder 
des ernestinischen Präsidenten. Die Ritterschaft und der Hoch- 
adel wollten allerdings die Kompetenz des Oberhofgerichts nicht 
anerkennen. Hans von Haugwitz, von dem kurfürstlichen Amts- 
verwalter Asmus Spiegel vor Gericht gefordert, nannte diesen einen 
Narren und wünschte ihm alle möglichen Suchten an den Hals. Er 
mußte von Moritz mit großer Energie zur Vernunft gebracht werden. 
Appellationen an auswärtige Gerichte waren nicht gestattet. 
Bei der Übertragung der Kurwürde bedang sich Friedrich der 
Streitbare 1423 für alle seine Lande das durch die „Goldene 
Bulle“ gewährleistete privilegium de non appellando, aus, das nach 
Einrichtung des Reichskammergerichtes 1497 wieder bestätigt wurde. 
Nur bei Rechtsverweigerung war Appell zugelassen. Auf Grund 
dieser Ausnahme vermochte Crells Gemahlin, wie früher er- 
zählt wurde, eine rechtsgültige Appellation an das Reichskammer- 
gericht einzureichen, die freilich keinen Erfolg hatte. Infolge des 
fortgesetzten Widerstandes des höheren Adels gegen das Oberhof- 
gericht griff Kurfürst August deshalb auf eine schon von seinem 
Bruder angestrebte Einrichtung zurück, indem er seit 1576 einige 
Hofräte und einige Mitglieder der Juristenfakultäten von Leipzig 
und Wittenberg jährlich zweimal nach Dresden zur Erledigung 
besonders von Appellationen gegen das. Oberhofgericht berief. Ein 
stehendes Appellationsgericht wurde erst 1605 durch die im Auf- 
trage des Kurfürsten Christian II. von dem bedeutenden Rechts- 
gelehrten Hartmann Pistoris verfaßte Ordnung ins Leben ge- 
rufen. 
Das zugrunde gelegte Recht war in den ersten Jahrzehnten 
des 16. Jahrhunderts noch immer das Landrecht des Sachsen- 
spiegels. In zweifelhaften Fällen wandte man sich in den säch- 
sischen Landen gern an berühmte Schöppenstühle, namentlich an 
den Leipdiger auch der von Dohna wird noch unter Moritz er-
	        
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