Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 1. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1500 bis 1815. (3)

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Reichsstrafrechtsordnung. Trotz ihrer uns barbarisch erscheinen- 
den Strenge in den Strafen, bedeutet doch auch sie gegenüber 
der bisher eingerissenen Willkürlichkeit einen Fortschritt zur Hu- 
manität. Sie wurde auch in Sachsen anerkannt, aber schon von 
Moritz, aber dann auch von August in den Konstitutionen etwas 
gemildert. Schlimm war nur, daß an Stelle des bisherigen An- 
klageprozesses der Inquisitionsprozeß trat, indem der Landes- 
fürst, bezw. seine Amtleute, oder die Stadtbehörde als Ankläger 
auftraten und doch zu gleicher Zeit auch Richter waren. Die 
Prozesse gegen Peucer, Cracow und später gegen Crell sind Bei- 
spiele für den Mißbrauch dieser Prozeßform. « 
Bei der Bestimmung des Strafmaßes hatten Leibesstrafen 
und Geldstrafen bei weitem den Vorzug vor den Freiheitsstrafen. 
Die Todesstrafe wurde in dem einzigen Falle, wo sie für unsere 
Zeit noch gilt, nämlich für Mord, gerade nur in selteneren Fällen 
angewandt, dagegen war sie die Regel bei Aufruhr, Bruch der 
Urfehde und der Bestrickung, vorzeitiger Rückkehr aus der Ver— 
bannung, Diebstahl im Werte von über fünf Gulden, Ketzerei, 
Zauberei, Kirchenraub, Vielweiberei, Falschmünzerei usw. Als 
Hinrichtungsmittel und -arten waren je nach dem Charakter 
des Verbrechens das Schwert, der Strang, das Feuer, Ersäufen 
in einem Sacke, Vierteilen, Rädern, Sieden oder Verbrennen in 
einem Gefäß im Brauche. Losbitten durch eine unbescholtene 
Jungfrau, die der Delinquent dann zu ehelichen hatte, oder durch 
hochgestellte Personen war gestattet; in letzterer Beziehung hat 
sich die Kurfürstin Anna besondere Verdienste erworben, indem 
sie sich für Wilddiebe verwandte, die nach ihres Mannes bar- 
barischer Ansicht allemal gehangen werden sollten; über ihnen 
sollte ein Hirschgeweih festgenagelt werden. Nächst der Todes- 
strafe kamen verstümmelnde Strafen in großer Häufigkeit zur 
Anwendung, als Ausstechen der Augen, Ausschneiden der Zunge, 
Durchbrennen der Backen, Aufbrennen eines Schandmals auf die 
Stirn, wie z. B. Kurfürst August Wilddieben, wenn er sie am 
Leben ließ, ein Hirschgeweih aufbrennen ließ, endlich das Ab- 
hauen der Hand oder einzelner Finger. Eine viel angewandte 
körperliche Strafe war das Stäupen, entweder mit einem Draht- 
Sturmhoefel, Geschichte der sächlischen Lande. 10
	        
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