Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 1. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1500 bis 1815. (3)

— 166 — 
langte der Landesfürst erst in der Praxis, dann auch reichsrecht- 
lich durch den vorerwähnten Grundsatz des Augsburger Reli- 
gionsfriedens cujus regio, ejus religio das jus circa Sacra, b. h. 
die Entscheidungsbefugnis in Glaubensdingen. 
Das jus circa sacra fand naturgemäß zuerst im ernestinischen 
Sachsen praktisch seine Anwendung. Ständige Inspektoren und 
über diesen die Superintendenten überwachten die Lehr= und seel- 
sorgerische Tätigkeit der Geistlichen, aber auch die richtige Auf- 
wendung der eingezogenen Kirchengüter. Da hier theologische 
und juristische Fragen zu gleicher Zeit Entscheidung heischten, so 
lag es nahe, eine aus namhaften Juristen und Theologen zu- 
sammengesetzte Behörde zu bilden. Eine solche trat unter dem 
Namen Konsistorium 1542 zu Wittenberg zusammen und bestand 
aus vier theologischen und zwei juristischen Doktoren. Im alber- 
tinischen Sachsen traten auf Grund der sog. „Zellische Konsistorial= 
ordnung“" vom 29. Dezember 1544 im Februar 1545 an den 
beiden Bischofssitzen des Landes das Meißner und Merseburger 
Konsistorium ins Leben, zu denen nach dem Schmalkaldener Kriege 
noch das frühere ernestinische zu Wittenberg trat, das Merseburger 
Konsistorium wurde dann nach Leipzig verlegt. 
Zu dem Geschäftskreis der beiden 1545 ins Leben gerufenen 
Konsistorien gehörten alle Ehestreitigkeiten, Wucher, Gottesläste- 
rung, Trunksucht, Lehrstreitigkeiten und Ketzereien, Zwistigkeiten 
zwischen Geistlichen, alle öffentlichen, durch die weltliche Gewalt 
nicht zu treffenden Laster und Argernisse, Investitur und Prüfung 
aller im Lande anzustellenden Pfarrer und endlich Aufsicht über 
Leben und Führung der Geistlichkeit. Die den Konsistorien zu- 
stehende Strafgewalt bestand in Kirchenausschließung gegen Laien, 
in zeitweiliger oder dauernder Amtsentsetzung gegen Geistliche, 
und auf Gefängnis gegen beide. Eine im August 1545 von einer 
Versammlung der höheren Geistlichkeit zu Leipzig ausgearbeitete 
Anweisung über Amts= und Lebensführung der Geistlichen, die 
an alle Pfarrer verteilt werden sollte, ermächtigt u. a. die Super- 
intendenten den ihnen untergebenen Pfarrern von einer Visi- 
tation zur anderen Abschnitte aus der Bibel, aus den Katechis- 
men und der Postille Luthers und den loci communes Melanch-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.