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und der Superintendent mit der Geistlichkeit von Leisnig. In—
folgedessen wurde Wolf am 13. Januar aus seinem Gefängnis
entlassen, aber Landes verwiesen.
In der oben gestreiften Kirchenordnung der Generalartikel
vom 1. Januar 1580 befand sich auch die wichtige Anderung,
daß das Konsistorium zu Meißen eingezogen, dafür aber in Dresden
ein Oberkonsistorium errichtet werde. Dies Oberkonsistorium war
nun die vorgesetzte Instanz der beiden anderen Konsistorien, hatte
über alle Kirchen, auch die unmittelbar unter kurfürstlichem Patro-
nat stehenden, und über die Schulen das oberste Aufsichts= und
Besetzungsrecht. Im Anschluß an die von dem Oberkonsistorium
veranstalteten Visitationen wurden Generalsynoden begründet.
Eine wichtige Befugnis der neuen Behörde war die Ober-
aufsicht über die zu theologischen Studien und kirchlichen
Zwecken gemachten Stiftungen, die übrigens Kurfürst August sehr
vermehrte.
War es im Beginne der Reformation oft schier unmöglich
gewesen, für die Predigt und das geistliche Amt überhaupt ge-
eignete Vertreter zu finden, so war diese Schwierigkeit trotz aller
Bemühungen auch in den folgenden beiden Generationen noch
nicht gänzlich behoben. Noch der Leipziger Superintendent Sel-
necker (f 1592) konnte von einigen seiner Amtsbrüder schreiben:
„Ihr Leben ist gar fern von der Lehre, daß man schier nicht
weiß, wo man einen feinen Mann, Lehrer oder Pfarrherrn fin-
den sollte, der nicht große Laster auf sich hätte.“ Sehr ver-
wildernd wirkten vor allem erst die flacianischen, dann die kryptocal-
vinischen Streitigkeiten, die hüben wie drüben die Kanzel zur
Stätte wüstester Schimpfereien herabwürdigten. Der Hofprediger
Pierius entwirft von einem orthodoxen Heißsporne folgende Cha-
rakteristik: „Er trete in der Woche einmal oder zweimal auf
die Kanzel, bringe eine halbe Predigt zu mit Lügen, Lästern und
Verdammung anderer Christen, er schäume vor Bosheit wie ein
Eber, schnaube, bis ihm der Schweiß ausbreche, schreie, daß ihm
der Hals weh tue — so bekomme er von seinen Zuhörern das
Lob eines treuen lutherischen Predigers.“ So verrohte leider
auch der Geschmack und die Gesinnung der Gemeinden, wenn