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Die Finanzverwaltung. Die staatliche Finanzverwaltung. 8 74
sätzlich ist jede Person selbständig zu besteuern, jedoch gelten Ehegatten sowie deren unver-
heiratete Kinder, sofern sie in derselben Haushaltung leben und soweit die letzteren nicht außer-
halb des elterlichen Geschäfts ihren selbständigen Erwerb haben, für die Besteuerung als
eine Person. Das gleiche gilt für verheiratete Personen im Verhältnisse zu ihren Kindern,
Eltern oder Schwiegereltern, wenn sie mangels entsprechender Mittel in gemeinschaftlichem
Haushalt leben. — Bestimmte Arten des Einkommens bleiben bei der Besteuerung außer
Betracht und bestimmte Kategorien von natürlichen Personen genießen grundsätzlich ganz
oder für bestimmte Teile ihrer Einkünfte Steuerfreiheit. Der Beginn der Besteuerung tritt
bei Reichsausländern und nichthessischen Reichsangehörigen, welche in Hessen wohnen, aber
daselbst keine erwerbbringende Beschäftigung ausüben oder ausgeübt haben, erst nach ein-
jährigem Wohnen in Hessen ein. Im einzelnen ist folgendes hervorzuheben:
A. Mit ihrem gesamten Einlommen unterliegen der ESt. vorbehaltlich be-
stimmter Ausnahmen:
1. Hessische Staatsangehörige, die in Hessen einen Wohnsitz haben.
2. Angehörige anderer deutscher Staaten, welche ohne gleichzeitigen
Besitz eines Wohnsitzes in ihrem Heimatsstaate in Hessen ihren Wohnsitz oder ohne ander-
weitigen Wohnsitz im Reichsgebiet in Hessen ihren Aufenthalt haben.
3. Hessische Staatsangehörige sowie Angehörige anderer deutscher
Staaten, welche in Reichs= oder Staatsdienst stehen und in Hessen ihren dienstlichen Wohn-
sitz haben, gleichgültig ob sie auch noch in einem anderen Staate einen Wohnsitz haben ½).
4. Reichsausländer, die in Hessen ihren Wohnsitz haben.
5. Juristische Personen, die unter die im Gesetz (Art. 2) besonders genannten
Kategorien fallen 2) und in Hessen ihren Sitz haben.
B. Nur mit bestimmten Teilen ihres Einkommens werden versteuert:
1. Hessische Staatsangehörige, welche ohne Besitz eines hessischen Wohn-
sites in einem anderen deutschen Staate Wohnsitz oder Aufenthalt haben. Die Steuer trifft
hier nur das aus inländischem Grundbesitz oder aus einem inländischen Gewerbebetrieb her-
rührende Einkommen, und zwar erst von einem Betrage von wenigstens 500 Mk. ab.— Ebenso
werden Hessen, welche ihren Wohnsitz oder Aufenthalt im Reichsauslande haben und ein Ein-
kommen von wenigstens 500 Mk. aus Hessen beziehen, mit diesem Einkommen in Hessen versteuert.
2. Angehörige anderer deutscher Staaten, welche, ohne daß die oben
unter A Ziff. 2 genannten Voraussetzungen der vollen Besteuerung gegeben sind, aus einem
hessischen Grundbesitz oder Gewerbebetrieb ein Einkommen von wenigstens 500 Mk. beziehen.
Die Steuer trifft nur das hier genannte Einkommen.
3. Reichsausländer, die ihren Wohnsitz oder Aufenthalt im Reichsauslande
haben und ein Einkommen von wenigstens 500 Mk. aus Hessen beziehen. Die Steuer trifft
nur das hier genannte Einkommen.
4. Juristische Personen, die unter die im Gesetz (Art. 2) besonders genannten
Kategorien fallen 3), und, ohne in Hessen ihren Sitz zu haben, aus hessischem Grundbesitz oder
Gewerbebetrieb ein Einkommen von mindestens 500 Mk. beziehen. Die Steuer trifft nur
das hier genannte Einkommen.
C. Von der Einkommensteuer sind ausgenommen (s. Art. 6):
1. Die Mitglieder des Großherzoglichen Hauses außer für dienstliches Einkommen aus
Reichs- oder Landesmitteln;
1) Der letztere Staat hat in diesem Falle kein Besteuerungsrecht. Vgl. hierzu die Novelle
vom 22. XII. 1909 (Fassung v. 13. J. 1910) und über deren Entstehung und Tragweite L V. 1908/11,
I. K., Beil. 36, Ausschußber. Frhr. v. Heyl zu Herrnsheim, ferner van Calker im
Jahrb. d. öff. R. 1910 (S. 431).
2) Das sind Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien, Gesellschaften
mit beschränkter Haftung und Berggewerkschaften, endlich eingetragene Genossenschaften, deren
Geschäftsbetrieb über den Kreis ihrer Mitglieder hinaus geht und — unter der gleichen Boraus-
setzung — rechtsfähige Konsumvereine. Alle anderen juristischen Personen sind einkommensteuer-
frei. Vgl. hierzu besonders Ausführungsanweisung § 6.
3) Siehe vorige Anmerkung.