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so freigebiger aber war sie mit den Erzeugnissen ihrer Tätigkeit
gegen alle, die sie darum angingen, gleichviel ob hoch oder niedrig.
Nur die Gläslein ließ sie sich zurückstellen, denn das war da-
mals teure Ware. — Auch Annas Schwiegertochter, Sophie von
Brandenburg, die Gemahlin Christians I., versuchte sich vielfach
auf medizinischem Gebiete. Zwar konnte sie ihrem im Januar 1598
auf den Tod daniederliegenden Vater, dem Kurfürsten Johann
Georg nicht rechtzeitig das herzstärkende Goldstück der Barbara
von Schönberg auf Purschenstein senden, auch nicht das im Mai
1603 seitens der Herzogin Dorothea von Anhalt von ihr erbetene,
offenbar sehr wirksame Stück Rhinozerotenhorn, aber sie konnte
Sebastian von Metzsch als Mittel gegen Gelbsucht empfehlen, sich
einen Becher aus gelbem Wachs zu fertigen, am Boden eine portu-
giesische Goldmünze zu kleben, darauf einen Biberzahn zu legen
und dann daraus zu trinken.
Neben fürstlichen und andern hochgestellten Personen befaßten
sich auch kleinere Leute mit Heilkunde. Eine besonders charak-
teristische Erscheinung, die für viele andere gelten kann, war auf
sächsischem Boden Michael Bapst, der von 1571—1603 Pfarrer
zu Mohorn bei Tharandt war. Sein „Newes ond nützliches Ertzuey,
Kunst ond Wunderbuch“ und sein „Gifftjagendes Kunst ond Hauss-
buch“ haben mehrere Auflagen erlebt. In dem ersten gibt er
Belehrung über die arzneiliche Verwendung der einzelnen Teile
und namentlich der Absonderungen des menschlichen Körpers, von
denen schlechterdings alles — das Ohrenschmalz ist gegenüber
manchem anderen Angeführten noch das Appetitlichste — zur
Vertreibung menschlicher Gebresten geeignet ist. In dem kon-
fusen Durcheinander werden Rezepte gegeben ebenso gegen Nasen-
und andere Blutungen, als auch für die Zähmung von Leoparden,
Mittel gegen Skorpionen- und Spinnenstich, für die Herstellung
unsichtbarer Schrift, für den Fischfang, gegen das Fürchten in
der Nacht usw. usw. -
Als Vertreter der exakten Wissenschaften begegnen
uns im Sachsenlande mehrere, zum Teil recht bekannte Namen.
1522 ließ zu Erfurt Adam Rieß, wie er sich eigentlich schrieb,
nicht Riese, geboren 1492 zu Staffelstein in Franken, gestorben