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in ihren Besitz. Das Merkwürdigste war, daß Roth gar nicht
tot war, sondern das Gerücht von seinem Ende nur geschickt in
Umlauf gebracht hatte. In der Tat war er nach Spanien ge—
gangen und wurde in Diensten Philipps II. oberster Fischmeister
des Reiches, übernahm sogar das Konsulat für die Deutschen
in Lissabon, das er bis an seinen 1605 erfolgten Tod ausgeübt hat.
Bürgertum, Handwerk und Industrie.
In die wachsende Selbständigkeit der Städte (ogl. Band 1, 2,
S. 908ff.) griff Kurfürst August durch manche Verordnung segens-
reich ein. Als z. B. im April 1569 Lützen, Anfang Mai Eisleben durch
Mordbrenner großen Brandschaden erlitten hatten, erließ der
Kurfürst eine Verordnung, die u. a. bestimmte, daß jedes Haus
mit Feuerleitern und ledernen Eimern versehen sein sollte und
mit Brettern, die dazu dienen sollten, das in der Mitte der Gasse
von den Brunnen abfließende Wasser an der Brandstelle mit Zu-
hilfenahme von Dung usw. aufzustauen. Merkwürdigerweise wur-
den die Gastwirte mit der Aufsicht über die Instandhaltung der
Einrichtung betraut. Auch sah der Kurfürst auf die Instand-
haltung der bürgerlichen Wehrkraft, indem er von Zeit zu Zeit
Musterungen anstellen ließ. Eine solche ergab zu Leipzig in der
Innenstadt 996, in der Vorstadt 800 Hakenschützen und Doppel-
söldner, im ganzen also 1796 Streiter, eine spätere vom Jahre
1583 die Zahl von insgesamt 1787. Sich in ihrem Waffenglanz
zu zeigen, boten den Bürgern die in den großen Städten auch
von den Fürsten gern besuchten Schützenfeste Gelegenheit, deren
eigentliche Blütezeit in die Regierung Augusts fällt. Man
schoß mit der Armbrust nach dem Vogel, mit Büchsen nach der
Scheibe; daß letztere nicht gezogen wären, erschien in einem Be-
scheid vom 30. April 1563 auf eine Anfrage der Leipziger Schützen
dem Kurfürsten als kunstgemäßer, doch hätte er auch gegen den
Gebrauch von „gezogenen oder geraufften Röhren“ nichts ein-
zuwenden, wenn alle Schützen sie in Anwendung bringen wollten.
Ausgesetzte Preise stachelten den Eifer der Schützen. Eine große
Rolle spielte bei diesen Festen der Pritschenmeister, so ge-
nannt von der Narrenpritsche, die er zu seiner in den Stadr-