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Die Jülich-Clevesche Erbfolgefrage trat mit dem
am 25. März 1609 erfolgten kinderlosen Tode des letzten Herzogs
dieser seit 1511 in einer Hand vereinigten Länder in den Vorder-
grund. Es handelte sich um einen bedeutenden Länderkomplex
im Nordwesten unseres deutschen Vaterlandes, bestehend aus dem
Herzogtum Cleve, der Grafschaft Mark und der kleinen Herr-
schaft Ravenstein, südwestlich von Nymwegen, einerseits und den
Herzogtümern Jülich und Berg und den Grafschaften Mark und
Ravensberg anderseits. In einem 1546 dem Herzog Wilhelm I.
dem Reichen verliehenen Privileg hatte Kaiser Karl V. die even-
tuelle Erbfolge, in weiblicher Linie zugleich aber auch die Un-
teilbarkeit der Lande anerkannt. Es lebten damals vier Töchter,
von denen die älteste Marie Eleonore an den Herzog Albrecht
Friedrich von Preußen, die zweite, Anna, an den Pfalzgrafen
Philipp Ludwig von Pfalz-Neuburg verheiratet wurde. Nun
traten als Bewerber um das Erbe zunächst Kurfürst Johann
Sigismund von Brandenburg für seine Gemahlin, die Tochter
der Marie Eleonore und des genannten Preußenherzogs, und
Philipp Ludwig von Pfalz-Neuburg, Gemahl der Anna, für
seinen Sohn Wolfgang Wilhelm auf. Aber auch Kaiser Rudolf
erstrebte die Einziehung der fetten Beute, um sie seinem Neffen,
dem Erzherzog Leopold, Bischof von Passau, zu überweisen. Der
Brandenburger und der Pfälzer verständigten sich unter Ver-
mittelung des Landgrafen Moritz von Hessen zu Dortmund am
10. Juni 1609 über eine gemeinsame Besetzung des Landes und
nannten sich die „Possidierenden“. Der Kaiser aber entsandte
seinen Neffen Leopold als kaiserlichen Kommissar, und es gelang
diesem, sich in Jülich einzuschleichen und von der Festung Besitz
zu ergreifen. Er wurde übrigens im Sommer 1610 wieder von
da vertrieben. Außerdem suchte aber der Kaiser die Stellung
der „Possidierenden“ dadurch zu erschüttern, daß er den Kur-
fürsten von Sachsen zur Geltendmachung früherer Ansprüche seines
Hauses anregte. Herzog Albrecht der Beherzte hatte nämlich 1483
von Kaiser Maximilian das Versprechen urkundlich erhalten, daß
im Falle des Aussterbens des Mannesstammes die Lande Jülich,
Berg und Ravensberg an ihn oder seine männliche Deszendenz