Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 1. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1500 bis 1815. (3)

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zählte man nach dem Kriege 343 Wüstungen auf einem Raume 
von 74 Quadratmeilen; in einem neun Dörfer umfassenden Kirch- 
spiele dieses Kreises war 1651 nicht ein einziges bewohnbares 
Haus mehr vorhanden. In dem Amte Meiningen, das 
noch 1637 12740 Einwohner hatte, gab es 1649 nur noch 
2764. So war auch im Hennebergischen die Einwohnerzahl von 
18158 auf 5840 zurückgegangen. In der Lausitz waren von 
299 Bauern und 436 Kossäten, welche vor dem Kriege in 21 Dör- 
fern lebten, nunmehr nur noch 58 Bauern und 81 Kossäten 
übrig. — Das Dorf Döllstädt im Herzogtume Gotha hatte in 
den Jahren 1627—1637 29595 Gulden Kriegsschäden zu be- 
rechnen, die Einwohner verloren sich in dieser Zeit, 1636 wohnten 
nur noch zwei Paar Eheleute im Dorfe; in den folgenden Jahren 
einer gewissen Ruhe fanden sich wieder Leute zusammen; als 
aber 1641 Banér und nach ihm die Franzosen da gewirtschaftet 
hatten, war nur ein halber Acker Roggen bestellt und vier Paar 
Einwohner vorhanden. Zörbig, zwischen Halle und Bitterfeld, 
wurde nicht weniger als 45 mal ausgeplündert; zwei Geistliche, 
die nach dem Kriege da anziehen sollten, konnten infolgedessen 
keinen Unterhalt finden, und einem dritten, der es dann wirk- 
lich wagte, holte man seinen Hausrat aus Mangel an Zugvieh 
auf einigen Schubkarren. Wahrenbrück, einige Meilen östlich von 
Torgau, war so verödet, daß die Frau des dortigen Geistlichen 
diesem, der an der Pest gestorben war, das Grab selbst graben 
mußte. Bevölkerungszuwachs kam durch die noch lange fort- 
dauernde Zuwanderung böhmischer Exulanten, deren etwa 150000 
über das Erzgebirge gekommen sein mögen; in manchen Orten 
erinnert noch eine „böhmische Gasse“ an ihre Niederlassung. Das 
1654 erbaute Johann-Georgenstadt verdankt ihnen seine Ent- 
stehung. 
Daß bei dem Mangel an Arbeitskräften, an Zug= und Stall- 
vieh, an Saatgetreide, an Geräten die Landwirtschaft schwer 
daniederlag, braucht kaum erwähnt zu werden. Etwas spät, näm- 
lich erst neun Jahre nach abgeschlossenem Frieden, verordnete 
Kurfürst Johann Georg II., daß die herrenlosen wüsten Häuser 
und Güter den sich Meldenden unentgeltlich und für drei Jahre
	        
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