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Entwickelung ganz erheblich geschädigt; doch erlangten sie noch
von Ferdinand vieles wieder, so die freie Ratswahl und 1562
sogar die peinliche Gerichtsbarkeit, die sog. Obergerichte. Kaiser
Maximilian II. bestätigte ihnen dann ihre sonstigen Privilegien
wieder, änderte aber dafür das Steuerwesen; statt der bisher
üblichen Vermögenssteuer von zwölf vom Tausend sollten seit
1568 von jedem Rauchfange 15 weiße Groschen erhoben werden,
woher man diese Steuer die Rauchsteuer nannte. Man zählte
aber an Rauchfängen im Jahre 1569 in der Oberlausitz 25867,
wovon allein auf die Sechsstädte 12072½ entfielen. Andere
Steuerverhältnisse entziehen sich dem Interesse.
Merkwürdigerweise bereitete der Pönfall der Ausbreitung
der Reformation keine besonderen Hindernisse. Ja, es ergab sich
nach der völligen Lutherisierung des Meißner Domkapitels das
staatsrechtliche Unikum, daß eine Visitationskommission des Kur-
fürsten August die Reformation in der Oberlausitz systematisch
durchführte. 1559 trat der Propst des Bautzener Kolleguiatstiftes
zum Protestantismus über und verheiratete sich. Daß nicht das
ganze Kapitel seinem Beispiel folgte, verhinderte der 1559 zum
Dekan des Kapitels erwählte Johann Leisentritt, ein Umstand,
der bis auf die heutige Zeit seine Bedeutung behalten hat. Nach
den Bestimmungen aus der Gründungszeit, nämlich aus den
Jahren 1222 und 1226, mußten die Bautzener Kapitelherren ihren
Propst aus der Mitte der Meißner Domherren wählen, während
der Dekan ihnen selbst entnommen werden konnte. Als nun
Meißen protestantisch wurde, übertrug Ferdinand I. die Ver-
waltung der geistlichen Angelegenheiten dem genannten Dekan
des Kapitels. Diesem übersandte Johann IX. von Meißen, der
sich damals noch als katholischer Bischof führte, wahrscheinlich
auf einen Wink von Wien hin, am 28. Juni 1560 die Er-
nennung zu seinem „Generalkommissar“ in der Ober= und Nieder-
lausitz und acht Tage später auch das Amtssiegel. Dementsprechend
setzte Kaiser Ferdinand Leisentritt als bischöflich Meißnischen
Administrator in beiden Lausitzen für geistliche Angelegenheiten
ein. Ferner verlieh der päpstliche Nuntius zu Wien dem
Bautzener Kapitel 1570 für den Todesfall des Dekans das