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erwähnten Reiterkampfe in ernstliche Gefahr, aus der ihn die
rechtzeitige Dazwischenkunft des Oberstleutnants von Minkwitz be-
freite. Erst gegen Mittag kam das Zentrum, wo sich die Bahern
und die Kreistruppen befanden, in Aktion, und am Nachmittage
griffen die Polen ein, die einen weiten Umgehungsmarsch hatten
ausführen müssen; auch deutsche Völker unterstützten sie vom
Zentrum aus, und auf dem linken Flügel formierte der Herzog
von Lothringen seine Völker zum letzten entscheidenden Vorstoß,
durch den den Türken die Redoute bei Döbling, ihr letzter Stütz-
punkt, entrissen wurde. Gegen 6 Uhr abends waren die Türken
allenthalben in wilder Flucht begriffen; sächsische Dragoner waren
die ersten Truppen, welche die Tore der befreiten Stadt er-
reichten, die übrigen Sachsen unter dem Generalleutnant von
Flemming die ersten, die ihre Fahne in dem eroberten Türken-
lager aufpflanzten.
Kaiser Leopold hielt seinen Einzug in Wien am Tage nach
der Schlacht; am folgenden Tage, dem 14. Sept., begrüßte ihn
Kurfürst Johann Georg, sah sich aber kühl und frostig emp-
fangen. Schon am 15. Sept. marschierte er auf Klosterneuburg
zurück und beurlaubte sich vom Kaiser am gleichen Tage schrift-
lich „wegen zugestoßener Unpäßlichkeit“. Erst zehn Tage später,
am 24. Sept., antwortete der Kaiser höflich aber kühl nach Dresden.
Der Kurfürst hatte ursprünglich, wie auch der Polenkönig, mit
dem Johann Georg in ein herzliches Einvernehmen getreten war, noch
die Kampagne fortsetzen wollen. Aber offenbar hat das kaiser-
liche Kabinett Schwierigkeiten wegen der weiteren Verpflegung
und wegen der Winterquartiere gemacht. Auch ist es wahrschein-
lich, daß eine vom Kurfürsten beim Kaiser eingelegte Fürbitte
für die ungarischen Protestanten ungnädig aufgenommen wurde
und den herkömmlichen Dank vom Hause Österreich noch etwas
dürftiger gestaltete.
Trotz dieser Erfahrung ständ der Kurfürst im Jahre 1686
bei einem erneuten Andrängen der Türken nicht an, dem Kaiser
4700 Mann, allerdings gegen Subsidiengelder in der Höhe von
300000 Gulden zur Verfügung zu stellen. Sie marschierten An-
fang April 1686 unter dem Befehle des oben genannten Christian