Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 1. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1500 bis 1815. (3)

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folgte bald und so tat dessen Nachfolger Kurfürst Friedrich August 
den entscheidenden und auch klügsten Schritt: er verzichtete zu- 
gunsten Georg Wilhelms für 1100000 Gulden unter dem ein- 
zigen Vorbehalte, daß Lauenburg beim Aussterben des Hauses 
Braunschweig an sein Haus zurückfallen sollte. Im Jahre 1716 
erfolgte auch durch kaiserliche Belehnung die Anerkennung des 
Gewaltaktes von 1689. Die Ansprüche der Ernestiner wurden 
aber erst 1732 durch den derzeitigen Herzog von Lauenburg, König 
Georg II. von England, mit 60000 Talern abgefunden. 
Eine andere Verdrießlichkeit erwuchs dem Kurfürsten aus 
den religiösen Verhältnissen an seinem Hofe und in seiner Haupt- 
stadt. Es ist schon des seit 1686 als Oberhofprediger in Dresden 
tätigen D. Philipp Jakob Spener Erwähnung getan worden. 
Dessen ernsthafte Bemühungen um den Katechismusunterricht und 
die sittliche Erziehung der heranwachsenden Jugend wie auch um 
die sittliche und religiöse Unterweisung der Erwachsenen brachte 
ihm zwar in Laienkreisen sehr viel Anhang und Beifall, besonders 
z. B. seitens der Kurfürstin, aber doch auch reichlichen Wider- 
spruch nicht nur von seiten der orthodoxen Theologie, sondern 
auch der vornehmen Zirkel, deren „galantem“ Leben Spener 
mit dem ihn auszeichnenden milden sittlichen Ernste und Frei- 
mut entgegentrat. Ja, gelegentlich eines Bußtages im Februar 
1689 wandte er sich auch wider den nicht überall einwandsfreien 
Wandel des Kurfürsten. Anfangs verfehlte dieser Schritt seine 
Wirkung nicht. Aber dann bäumte sich die fürstliche Selbstherrlich= 
keit auf, und geschäftige Zungen wußten daran zu erinnern, wie 
der überfromme Mann nie einer Einladung des Fürsten zur 
Oper gefolgt war und bei den Maskenumzügen und anderen 
„Inventionen“ seine Fenster verhängt hatte. So ging Spener 
1691 als Propst und Pastor der Nikolaikirche nach Berlin. Noch 
1695 übersandte ihm die theologische Fakultät zu Wittenberg ein 
Verzeichnis seiner Irrlehren, das die erschreckende Anzahl von 
283 Nummern umfaßte, während die kurfürstliche Regierung, ins- 
besondere auf den Betrieb des oben schon genannten Benedikt 
Carpzov strenge Edikte gegen die besonders in Leipzig von 
Aug. Hermann Francke und von Schade angeregten Konventikel
	        
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