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man also Sachsen das Direktorium zu belassen beschloß: nur
mußte der Kurfürst einen Stellvertreter einsetzen; seine Wahl
siel auf Friedrich II. von Gotha, der auch im Kollegium der
Geheimräte das Direktorium führte. Doch legte er, weil der
Kurfürst sich die Besetzung der Konsistorien und Professuren vor-
behalten, seine beiden Stellungen nieder, worauf am 5. Februar
1700 der Herzog Georg von Sachsen-Weißenfels an seine Stelle
trat. —
Die zwiespältige Stellung Sachsens trat bald in einem ekla-
tanten Beispiel zutage. Beim Abschluß des Ryswycker Friedens
am 30. Okt. 1697 warf Ludwig XIV. die Forderung auf, daß
in allen den an das Reich zurückfallenden Orten die römisch-
katholische Kirche in dem Zustande verbleiben sollte, in dem sie
sich augenblicklich befinde, d. h. den die katholisierende Propa-
ganda Frankreichs in der Zwischenzeit hervorgebracht hatte. Gegen
diese sogen. „Ryswycker Klausel“ protestierten die evangelischen
Reichsstände und mit ihnen natürlich auch der sächsische Direktor
des Corpus Evangelicorum. Sofort aber wies der König seinen
Regensburger Gesandten an, von ihm aus diesen Protest für un-
verbindlich zu erklären.
Erst Ende Oktober 1699 kehrte der König-Kurfürst aus Polen
nach Sachsen zurück, begleitet von dem Bischof von Kujavien, dem
Prälaten Szembeck und dem Beichtvater und Großalmosenier Pater
Vota, einem außerordentlich gewandten Jesuiten. Diese drangen
in ihn, daß er den Katholiken wenigstens in Leipzig und Dresden
Religionsfreiheit gewähren möchte. Mit Rücksicht auf den gerade
tagenden Landtag bat sie Friedrich August, sich noch etwas zu
gedulden. Dann aber ließ er in dem schönsten und geräumigsten
Saale des Residenzschlosses unter dem darin befindlichen Baldachin
einen Altar errichten und dort Messe lesen. Um Weihnachten
überwies er dann in Moritzburg die dortige von seinem Groß-
vater Johann Georg II. erbaute Kirche dem katholischen Kultus.
Nachdem sie durch den Pater Vota von neuem eingeweiht war,
feierte der König dort das Weihnachtsfest mit großem Pompe.
Während des Hochamtes läuteten die Glocken, und vor der Kirche
erklangen die Posaunen, um der Wiederherstellung des katholi--