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der ihm aufgehalsten schmachvollen Lage. Die abenteuerlichsten
Pläne beschäftigten ihn damals. Wie, wenn er nun Sachsen
vorerst ganz seinem Schicksale überließ und vereint mit Peter
von Rußland wenigstens in Polen seine Herrschaft wiederher-
stellte? Der Unterstützung der im spanischen Erbfolgekriege gegen
Frankreich verbündeten Mächte durfte er um so gewisser sein,
als diese, freilich bei der politischen Unfähigkeit Karls XII. ohne
Grund, dessen Verbindung mit Ludwig XIV. fürchteten, an der
mit zäher, aber vergeblicher Geduld ein französischer Agent, der
Baron von Besenval in Altranstädt und Leipzig arbeitete. Ferner
aber bot August sich und seine Truppen, die freilich zunächst nicht
mehr existierten, im Februar 1707 dem Kaiser an und war ge-
neigt, die durch den Tod des Markgrafen Ludwig von Baden
erledigte Oberfeldherrnstelle gegen Frankreich zu übernehmen.
Kaum aber, daß man ihn einer Antwort würdigte. Eine Sendung
des Generals Goltz an den Zaren mit der Bitte um Geld und um
25000 Mann, um die Schweden aus dem Lande zu treiben, ver-
fehlte natürlich ihre Wirkung ebenfalls gänzlich, denn der Zar
wußte durch Patkul nur zu genau, in welcher Danas Schoß sich
seine Goldregen ergossen hatten, und war weiterhin empört über
die Auslieferung des doch eigentlich in seinen Diensten stehenden
Livländers. Endlich aber erfüllte Augusts Seele ein Projekt der
abenteuerlichsten Art, wenn schon es in Wirklichkeit nicht so absolut
chimärisch war, wie es allerdings auf den ersten Anblick erscheinen
mochte.
Nachdem nämlich schon im Herbste 1703 August im Dresdener
Archiv hatte nachforschen lassen, freilich ohne Erfolg, ob nicht
„Pacta oder Nachrichten“ vorhanden seien, die sich auf die Pri-
tension, „so das Kuhr= und Fürstliche Haus Sachsen an die
Königreiche Neapolis, Sizilien und Jerusalem, ingleichen auf das
Herzogtum Schwaben hat“, beziehen möchten, trat er nunmehr
ernstlich mit dem Papste, mit Karl und schließlich mit dem am
26. April 1707 zu Altranstädt eingetroffenen Gesandten der Sec-
mächte, dem bekannten Herzog von Marlborough, in Verhandlung,
umdiese bis auf Margarete, die unglückliche Gemahlin Albrechts
des Entarteten und Tochter Friedrichs II. von Sizilien und