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Der Kaiser aber machte die vom Papste betriebene und von
August natürlich sehr gern gesehene Vermählung des Kurprinzen
mit einer der nachgelassenen Töchter Kaiser Josephs I. von der
Veröffentlichung des Glaubenswechsels und davon abhängig, daß
der Kurprinz seine Kinder im katholischen Glauben erziehen lasse.
Nun hatte August vor der Bekanntgebung des Übertritts nur
aus Rücksicht auf seine streng protestantische Mutter zurückgeschreckt.
„Diese sonst ausgezeichnete Dame,“ sagt der katholische und priester-
liche Geschichtschreiber der Bekehrung Augusts und seines Sohnes,
„hatte sich durch ihr anspruchsloses Wesen, wie durch ihre Weis-
heit die Liebe und Achtung des ganzen Volkes erworben, war aber
dabei unglücklicherweise, namentlich gegen das Ende ihres Lebens,
eine große Gegnerin der katholischen Religion.“ Mit ihrem am
1. Juli 1717 auf ihrem Witwensitze Lichtenburg bei Torgau er-
folgten Tode fiel jene Rücksicht weg. Im Mai 1715 hatte der
Kurprinz Paris verlassen und war über Südfrankreich im Früh-
jahr 1716 nach Venedig gekommen. Hier traf ihn die vom
13. Juli von Teplitz aus gesandte Ermächtigung seines Vaters,
mit der Veröffentlichung seines nunmehr fünf Jahre gehüteten
Geheimnisses nicht länger zu zögern. Er ging von Venedig nach
Wien, wo er, am 3. Okt. 1716 angelangt, am 11. Okt. seinem
Hofstaat offiziell seinen Glaubenswechsel anzeigte. Am 26. Febr.
1718 erfolgte die Verlobung mit der am 8. Dez. 1699 geborenen
älteren Tochter weiland Kaiser Josephs I., Maria Josepha; am
20. Aug. 1719 fand die Vermählung zu Wien statt, im Sep-
tember wurde unter beispielloser Pompentfaltung der Einzug des
jungen Paares in Dresden gehalten.
Die Bekanntwerdung des kurprinzlichen Übertritts erregte
im Lande die tiesste Entrüstung; sie fiel gerade in die Zeit
vor der 200jährigen Erinnerungsfeier der Reformation, die zu
untersagen der päpstliche Nuntius beim König mit bezeichnender
Frechheit beantragte. Die Stände gaben einen so geharnischten
Protest ein, daß der gewandte Graf Flemming mit allen Mog-
lichen Mitteln einige Milderungen des Textes zu veranlassen sich
genötigt sah. Auch setzten sie eine erneute Religionsversicherung
durch, beiläufig die sechste. Am Tage des Landtagsabschiedes aber