— 454 —
zahlreichen Gebetbücher so wenig genügt sah, daß ihn 1740 der
Geist zur Herausgabe eines eigenen Gebetbuches entflammte; es
führt den Titel: „Die wahre und gründliche Gottseligkeit der
Christen insgemein, nebst einer Anleitung zum Gebete.“
Aus allen diesen Amtern bezog Graf Brühl monatlich etwa
65000 Taler, wozu noch die Einkünfte von seinen Gütern
und die zahlreichen Präsente kamen, die jeder erlegen mußte, der
etwas von ihm haben wollte. Solcher Einkünfte aber war der
Mann auch dringend bedürftig, der ein unsinnig verschwenderisches
Leben führte, einen Hausstand von über 300 Personen unterhielt,
zu dem sich die Söhne der ersten Adelsfamilien drängten, auf
seiner Tafel nie unter 30 Gerichte, bei festlichen Gelegenheiten
aber das Doppelte und Dreifache sah, der eine Garderobe besaß,
die jedes moderne Kleidermagazin in den Schatten stellen könnte,
über einen Marstall verfügte wie niemand im Lande, auch den
König nicht ausgenommen, und Sammlungen seltener Gemälde und
anderer Kunstwerke, von Naturalien, Büchern usw. anlegen ließ,
nur um auch hierin von niemand übertroffen zu werden.
Zu solchen wahnsinnigen Vergeudungen langten selbst jene
enormen gewöhnlichen Einkünfte nicht, es mußten noch andere,
natürlich erst recht ungesetzliche Einnahmequellen eröffnet werden.
Dahin gehört die Behandlung der Weißenfelser Kammergüter nach
dem am 16. Mai 1746 erfolgten Aussterben der Sachsen-Weißenfelser
Nebenlinie. Diese, wie früher erwähnt, stark verschuldeten Herren
hatten die meisten Kammergüter in ihrer Geldnot nach und nach be-
dingungslos verkauft. Brühl ließ alle diese verkauften Grund-
stücke als Avulsa, d. h. widerrechtlich losgerissene Besitzstücke der
Krone von den derzeitigen Besitzern reklamieren, natürlich nur,
um die so plötzlich in ihrer ganzen Existens bedrohten Leute zu
allen möglichen Opfern zu veranlassen. Dasselbe Prinzip brachte
er auf alle von den verstorbenen Herzögen verliehenen Konzes-
sionen, Privilegien usw. in Anwendung. Ahnlich verfuhr er, nach-
dem er sich das von seinem Vater 1738 an den Herzog Johann
Adolf II. aus Geldnot verkaufte Familiengut Gangloff-Sömmern
vom Kurfürsten hatte schenken lassen, indem er u. a. das zul
eines zugehörigen Teiches, den Johann Adolf Weißenseer Bür