Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 1. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1500 bis 1815. (3)

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zahlreichen Gebetbücher so wenig genügt sah, daß ihn 1740 der 
Geist zur Herausgabe eines eigenen Gebetbuches entflammte; es 
führt den Titel: „Die wahre und gründliche Gottseligkeit der 
Christen insgemein, nebst einer Anleitung zum Gebete.“ 
Aus allen diesen Amtern bezog Graf Brühl monatlich etwa 
65000 Taler, wozu noch die Einkünfte von seinen Gütern 
und die zahlreichen Präsente kamen, die jeder erlegen mußte, der 
etwas von ihm haben wollte. Solcher Einkünfte aber war der 
Mann auch dringend bedürftig, der ein unsinnig verschwenderisches 
Leben führte, einen Hausstand von über 300 Personen unterhielt, 
zu dem sich die Söhne der ersten Adelsfamilien drängten, auf 
seiner Tafel nie unter 30 Gerichte, bei festlichen Gelegenheiten 
aber das Doppelte und Dreifache sah, der eine Garderobe besaß, 
die jedes moderne Kleidermagazin in den Schatten stellen könnte, 
über einen Marstall verfügte wie niemand im Lande, auch den 
König nicht ausgenommen, und Sammlungen seltener Gemälde und 
anderer Kunstwerke, von Naturalien, Büchern usw. anlegen ließ, 
nur um auch hierin von niemand übertroffen zu werden. 
Zu solchen wahnsinnigen Vergeudungen langten selbst jene 
enormen gewöhnlichen Einkünfte nicht, es mußten noch andere, 
natürlich erst recht ungesetzliche Einnahmequellen eröffnet werden. 
Dahin gehört die Behandlung der Weißenfelser Kammergüter nach 
dem am 16. Mai 1746 erfolgten Aussterben der Sachsen-Weißenfelser 
Nebenlinie. Diese, wie früher erwähnt, stark verschuldeten Herren 
hatten die meisten Kammergüter in ihrer Geldnot nach und nach be- 
dingungslos verkauft. Brühl ließ alle diese verkauften Grund- 
stücke als Avulsa, d. h. widerrechtlich losgerissene Besitzstücke der 
Krone von den derzeitigen Besitzern reklamieren, natürlich nur, 
um die so plötzlich in ihrer ganzen Existens bedrohten Leute zu 
allen möglichen Opfern zu veranlassen. Dasselbe Prinzip brachte 
er auf alle von den verstorbenen Herzögen verliehenen Konzes- 
sionen, Privilegien usw. in Anwendung. Ahnlich verfuhr er, nach- 
dem er sich das von seinem Vater 1738 an den Herzog Johann 
Adolf II. aus Geldnot verkaufte Familiengut Gangloff-Sömmern 
vom Kurfürsten hatte schenken lassen, indem er u. a. das zul 
eines zugehörigen Teiches, den Johann Adolf Weißenseer Bür
	        
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