Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 1. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1500 bis 1815. (3)

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sonst so gescheiten Ministers zeigte sich besonders in der Dispo- 
sition über das Heer. Der einzige Weg, es zu retten, war natür- 
lich der schleunigste Abmarsch nach Böhmen; aber das getraute 
man sich nicht, weil das einer Kriegserklärung gleich gesehen hätte. 
Als ob die preußische Armee im Lande nicht an sich schon eine 
Kriegserklärung gewesen wäre! Man hatte auch den sonderbaren 
Gedanken, das Heer durch Böhmen und Mähren nach Polen zu 
führen. Am 4. Sept. entschloß sich der König, für seine Person 
nach Böhmen zu gehen; es unterblieb, weil streifende preußische 
Husaren gesehen worden waren. 
Am 9. Sept. zog König Friedrich in Dresden ein und be- 
eilte sich, sich des Geheimen Kabinetts zu bemächtigen. Die 
Königin hatte auf Verlangen die Schlüssel ausgeliefert, wünschte 
aber, daß die Türe dazu verschlossen bleibe. Aber Friedrich lag 
zu sehr an dem Besitze der Originalurkunden zu den Menzel- 
schen Abschriften. Als die Königin am 10. Sept. mit ihrem 
eigenen Leibe die Türe decken wollte, wurde sie beiseite ge- 
schoben und die gewünschten Akten herausgenommen. Es war 
ein unglaublicher Leichtsinn, daß man die Akten überhaupt zurück- 
gelassen hatte; zum Mitnehmen waren sie freilich schon säuber- 
lich gepackt. Mit Hilfe der erbeuteten Papiere ließ Friedrich durch 
Herzberg seine Denkschrift über das Verhalten der Höfe von Wien 
und Sachsen veröffentlichen (Memoire raisonné Sur la conduite 
des cours de Vienne et de Saxe), um damit seinen Friedens- 
bruch zu entschuldigen. Der Königin aber suchte er in zubor- 
kommendster Weise ihre schwierige Lage zu erleichtern, beließ ihr 
auch im Schlosse die Schweizergarde. 
Schlimm stand es in dieser Zeit schon um die auf dem 
Hochplateau von Struppen bis zum Königstein gelagerte sächsische 
Armee; für die Verpflegung von Mensch und Vieh war nichts 
geschehen, weil kein Geld da war. Für die notwendigsten Au- 
schaffungen hatte der König 4000 Taler aus seiner Privat- 
schatulle hergegeben. Da schon am 11. Sept. die Preußen vvr 
sächsische Aufstellung völlig umschlossen hielten, so lonnte auch 
keine Zufuhr geschafft werden. Auch machten sich die Nollen 
des engen Zusammenschlusses so vieler Menschen übel bemerklich;
	        
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