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Kurfürst Friedrich August III. bis zur Gewinnung
der Königskrone 1768—1806.
Der neue Herrscher, geb. am 23. Dez. 1750, brachte für die
ihm bevorstehende schwere Aufgabe vor allem zwei unschätzbare
Eigenschaften mit: einen auf Liebe zu seinem Volke beruhenden
guten Willen und eine streng-rechtliche Gesinnung, der er den
ihm später verliehenen schönen Beinamen des Gerechten verdankt.
Einer verfehlten Anfangserziehung, die ein Baron von Wessen-
berg und ein sittlich keineswegs einwandfreier Piemontese, der
Abbé Victor leiteten, ist es Schuld zu geben, daß der heran-
wachsende Fürst mit der Außenwelt nie in Beziehung trat und
infolge einer überspannten Auffassung von seiner fürstlichen Stel-
lung und einer unglaublichen Vorliebe für strenge Etikette erst
später sich die rechte Kenntnis der Menschen und der Ver-
hältnisse aneignete. Hierzu trug eine außerordentliche, auch
später noch zu bemerkende Schüchternheit und Insichgekehrtheit
bei; überdies erfüllte Wessenberg, selbst sehr abergläubisch, das
Herz des Knaben mit so törichter Gespensterfurcht, daß er selbst
am hellen Tage nur mit Zittern allein blieb. Einen wohl-
tätigen Einfluß gegen diese unangemessene Erziehungsweise übte
der Jesuitenpater Franziskus Herz aus. Als der Prinz zwölf
Jahre alt geworden war, trat der genannte Abbé Victor an Wessen-
bergs Stelle, der dann 1764 wieder von dem aus der Schweiz
stammenden Malteserkomtur Freiherrn von Forell abgelöst wurde;
unter ihm beschäftigte sich mit dem fürstlichen Knaben ein Katho-
lik, der Kammerherr von Stöcken, und ein Protestant, der Hof-
und Justizienrat Christoph Gottlob von Burgsdorf, dessen Gerad-
heit und Offenheit bei dem späteren Kurfürsten in so guter Er-
innerung blieb, daß er ihm, ganz gegen die sonstige strenge Hof-
etikette, stets freien Zutritt zu sich gestattete. — Man muß bei
diesem häufigen Wechsel daran denken, daß die Entwickelungs-
jahre des Fürsten in die Stürme des Siebenjährigen Krieges
fallen. Als der Krieg vorbei war, lenkte die nunmehrige Kur-
fürstin ihre Aufmerksamkeit um so mehr dem Kurprinzen zu und
Sturmhyoefel, Geschichte der sächsischen Lande. 34