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und Vormundes entzog. Er blieb ihm deshalb auch bis zu
seinem am 30. Dez. 1798 erfolgten Tode in anerkennendster
Weise gewogen und urteilte in einer Aufzeichnung vom Jahre
1787, die er für seinen Bruder Anton machte, folgendermaßen
über ihn: „Dieser würdige Mann vereinigt mit einem wah—
ren Gefühl von Religion und Billigkeit eine ausgebreitete
Gelehrsamkeit nebst einem unermüdlichen Trieb zur Arbeit. Seine
Uneigennützigkeit gleicht seinem Hange, dem Verdienste nützlich zu
werden, und seine Fähigkeit, alle ihm noch so fremde Materien
auf das schnellste zu fassen, wird durch eine gründliche Beur—
teilungskraft noch mehr erhöhet. Mit einem Worte, er ist ein
Mann, dessen gleichen selten zu finden sind.“ — Nach einem Be—
suche Kaiser Josefs II. in den Reichsfreiherrnstand erhoben, wurde
Gutschmid 1770 vom Kurfürsten zum Geheimen Rat und Kon—
ferenzminister gemacht.
Es ist selbstverständlich, daß auch die unerläßlichen Sprach-
studien getrieben wurden; der Kurprinz bemächtigte sich nicht nur
der lateinischen und französischen, sondern auch der italienischen
und, bei den damaligen Verhältnissen natürlich, auch der polnischen
Sprache. Mit der Mutter teilte er das tiefer gehende Interesse
für Musik; eigentümlich war ihm die später noch einmal im säch-
sischen Hause hervortretende Neigung zu botanischen Studien. Was
seine religiöse Stellung anlangte, so verdankte er der Mutter eine
echte Frömmigkeit, frei von Bigotterie und Intoleranz. — Eigen-
tümlich war dem neuen Kurfürsten von vornherein eine eifer-
süchtige Wahrung seiner Herrscherstellung, so daß er niemand,
auch seiner Mutter nicht, Einfluß auf die Regierungsgeschäfte
gönnte. Es nahm das mit der Zeit, namentlich in den älteren
Jahren, den Charakter steifer Unnahbarkeit an und hinderte ihn
oft an der Erkenntnis der Forderungen einer neuen Zeit. —
Alles in allem war der neue Kurfürst der Mann, wie ihn nach
so langer Mißwirtschaft Sachsen nötig hatte. Er selbst erfüllte,
was er 1787 dem Bruder schrieb: „Für das erste vergessen Sie
nie die wichtige Wahrheit, daß Ihre einzige Bestimmung ist, Ihre
Untertanen glücklich zu machen. Nicht die Größe Ihrer Macht,
nicht der Reichtum Ihrer Kassen, nicht der Glanz Ihres Hofes,
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