Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 1. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1500 bis 1815. (3)

— 535 — 
Juwelen unter günstigeren Bedingungen unterzubringen, ebenso 
ihr gehörige sächsische Kammerkreditscheine in Rom zu verpfänden, 
ihrem Beauftragten, dem Legationsrat Hewald, mißlungen waren, 
so gaben ihr diese Erbschaftsaussichten einen anderen Weg, aus 
der finanziellen Misèere herauszukommen, indem sie 1776 mit 
den Ministern ihres Sohnes in geheime Verhandlung über die 
Bezahlung ihrer Schulden durch ihren Sohn gegen Zession jener 
Ansprüche trat. Sie bediente sich hierbei des Marquis Peter 
Aloysius d'Agdollo, dessen Vater kursächsischer Resident zu 
Venedig gewesen war. Es war dies eine jener vielen zweifel- 
haften Existenzen, die im 18. Jahrhundert namentlich an 
den kleinen deutschen Höfen durch ausländisches Wesen, freches 
Austreten und geschicktes Intrigieren sich eine Stellung zu er- 
werben wußten. Seit 1769 war er Flügeladjutant des Prinzen 
Taver, der ihn mehrfach zu geheimen Aufträgen verwandte. Durch 
Agdollo knüpfte nun auch die Kurfürstin-Mutter mit fremden 
Höfen, besonders mit dem Wiener, insgeheim an, nachdem die 
Verhandlungen mit den Ministern ihres Sohnes einen ihren 
Wünschen nicht entsprechenden Verlauf genommen hatten. Aber 
Agdollo betrog sie. Er bot seine guten Dienste heimlich auch 
in Wien an, er hatte Marcolini, mit dem er sich eigent- 
lich schlecht stand, in die Wiener Pläne der Kurfürstin-Mutter 
eingeweiht und sich sogar dem preußischen König als Spion am 
sächsischen Hofe angeboten. König Friedrich benachrichtigte den 
Kurfürsten davon und auch die Kurfürstin-Mutter, der Agdollo 
mit Hilfe des oben genannten Hewald gewisse kompromittierende 
Papiere hatte entwenden lassen. Nun rief sie des Sohnes Hilfe 
gegen den ungetreuen Agenten an. Dessen Ränke mußten ihr um so 
unangenehmer sein, als die Zessionsverhandlungen unterdessen in 
beste Wege geleitet waren. Denn am 1. Mai 1776 hatte sie sich gegen 
die Zahlung ihrer Schulden ihrer bayrischen Erbschaftsansprüche 
zugunsten ihres Sohnes begeben, aber die Schulden stellten sich 
doch noch als erheblich größer als 700 000 Taler heraus 
und veranlaßten weitere Verhandlungen. Der Kurfürst, der übri- 
gens in mysteriöser Weise in den Besitz jener entwendeten Papiere 
gelangt war, entsandte zunächst am 19. August den Geheimen
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.