Full text: Illustrierte Geschichte der Sächsischen Lande und ihrer Herrscher. II. Band, 1. Abteilung. Das Albertinische Sachsen von 1500 bis 1815. (3)

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Türkei beschäftigt und durch innere Wirren in Anspruch genommen. 
Mit Preußen aber hatte man seit dem 29. März 1790 sogar 
einen Allianzvertrag geschlossen; freilich hatte dann dessen Ver- 
ständigung mit Österreich zu Reichenbach die Polen mit Miß- 
trauen erfüllt. 
Immerhin, wenn etwas geschehen sollte, war jetzt der Zeit- 
punkt für die Pläne der Patrioten am günstigsten. Freilich die 
Art der Durchführung war ränkevoll und unwürdig. Am 3. Mai 
1791, als noch nicht einmal alle Landboten aus den Osterferien 
zurück waren, gab König Stanislaus Poniatowski im Reichstage 
ganz überraschend die Erklärung ab, der gesetzlich berufene Reform- 
ausschuß habe seine Aufgabe beendigt, und um eine von übermäch- 
tigen Nachbarn geplante neue Zerreißung Polens — hier kamen ge- 
fälschte Berichte auswärtiger Agenten zur Verlesung — zu verhüten, 
müsse unverzüglich über Annahme der neuen Verfassung entschieden 
werden. Trotz des lärmenden Widerspruchs der russischen Partei 
wurde der Entwurf verlesen, trotz des Widerspruchs von vielen 
Seiten durch eine Majorität der vollzählig erschienenen Patrioten 
angenommen und dann der Sieg durch ein Tedeum gefeiert. 
Abgesehen von der Aufhebung des berüchtigten Liberum Veto, 
Aufhebung der Leibeigenschaft, Beseitigung der Scheidewand zwi- 
schen Adel und Bürgerstand u. a. m., wurde vor allem in Ar- 
tikel VII. bestimmt, daß fortan der Thron erblich, und zwar im 
Hause Sachsen sein sollte. Nach dem Ableben des jetzigen Königs 
Stanislaus sollte ohne weiteres Friedrich August III. von Sachsen 
den polnischen Thron besteigen, und da auch dieser ohne männ- 
liche Nachkommen, sollte seine einzige Tochter Marie Auguste 
zur Infantin von Polen, ihr künftiger Gemahl zum Könige er- 
hoben werden. 
Schon Ende 1790 hatte man die Frage wegen der Ernennung 
eines Thronfolgers den Provinziallandtagen vorgelegt und von 
diesen war einstimmig der Kurfürst von Sachsen als der wür- 
digste für diese Stellung bezeichnet worden. Auf die Mitteilung 
dieses doch immerhin sehr schmeichelhaften Votums hatte Friedrich 
August sehr kühl und vorsichtig geantwortet, daß er nicht eher 
zur Annahme bereit sein könne, bis nicht die Verfassung der 
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