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Wien ging eine reichhaltige Schmähliteratur über den Judas am
Reiche aus. Aber auch im Reich war man vielfach über Preußeus
Schritt empört. Es darf kaum bezweifelt werden, daß Kurfürst
Friedrich August persönlich Preußens Schritt ebenso verurteilt hat.
In seinem politischen Handeln leitete ihn aber lediglich die Rück-
sicht auf die Reichskonstitution. Hatte er in diesem Sinne schon
Herzog Ernst II. von Sachsen-Gotha beraten, als dieser im Fe-
bruar sich wegen des Hardenbergschen Projektes an ihn wandte,
so antwortete er in gleichem Sinne auf die vertrauliche Aufrage
sämtlicher ernestinischer Fürsten kurz vor Abschluß des Baseler
Friedens, ob sie sich zugunsten des zu erwartenden Friedens er-
klären dürften, am 9. April durch den Grafen Loß, daß er einen
forxmellen Antrag der obersächsischen Stände für Herstellung des
Friedens und Anerkennung ihrer Neutralität beim Reichstage gern
vertreten werde, aber immer nur unter der Voraussetzung der
kaiserlichen Zustimmung. Als am 7. Mai Preußen mit dem offi-
ziellen Friedensinstrument vor den Reichstag trat und zum An-
schluß aufforderte, unterstützte der Kurfürst zwar diesen Antrag,
bemühte sich aber auch in jeder Weise durch Unterhandlung mit
OÖsterreich, dessen Zutritt zu einem allgemeinen Reichsfrieden zu
erwirken. Da der Kaiser nein sagte, so ergab sich für das streng
formale Rechtsbewußtsein des Kurfürsten die weitere Teilnahme
am Kampfe, während die ernestinischen Vettern ohne Skrupel
sich in die Demarkationslinie einbeziehen ließen.
Der Kurfürst ließ also nun seine Truppen zu denen des
österreichischen Generals Clerfayt stoßen. Es kam aber erst sehr
spät im Jahre zu Feindseligkeiten. Am 7. September gingen die
Franzosen unter Jourdan unterhalb Düsseldorf auf das linke
Rheinufer, ungeachtet, daß sie damit die Demarkationslinie nicht
achteten; die Preußen ließen es aber bezeichnenderweise geschehen,
weil die Österreicher sich auch mehrfach Uberschreitungen hatten
zuschulden kommen lassen. Infolgedessen sah sich Clerfaht in
seiner rechten Flanke unerwartet überflügelt und ging mit seinem
Heere von Düsseldorf bis an die Lahn, von da, bei Diez ge—
schlagen, bis über den Main zurück, um Heidelberg zu decken,
und nahm sodann Stellung bei Aschaffenburg und Babenhausen.